In modernen Handelsunternehmen passieren viele Aufgaben und Abläufe gleichzeitig. Damit diese koordiniert ablaufen, Verantwortliche jederzeit den Überblick haben und gegebenenfalls Optimierungen und Änderungen vornehmen können, bedarf es eines Warenwirtschaftssystems.
Dieses IT-System, kurz WaWi genannt, ist die zentrale Software des Unternehmens und bildet sämtliche Warenströme ab. Auch im Tagesgeschäft spielt die WaWi eine wichtige Rolle bei der Logistik, der Disposition und der Abrechnung.
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Warum sollten Handelsunternehmen ein Warenwirtschaftssystem einführen?
Warenwirtschaft kann komplex sein, ist aber ab einer bestimmten Größe des Unternehmens elementar für den Erfolg. Dabei spielt die Logistik eine führende Rolle: Lagerbestände müssen erfasst werden, Warenausgänge wie -eingänge müssen dokumentiert und koordiniert werden, Nachbestellungen regelmäßig benötigter Waren sollten automatisch getätigt werden.
Diese Prozesse bedingen hohe Aufwände bei der Kontrolle, Steuerung und Optimierung. Eine computergestützte WaWi bringt hier die entscheidenden Vorteile und sichert den langfristigen Erfolg eines Handelsunternehmens:
- Es werden sämtliche Waren bzw. Produkte erfasst – zum Großteil sogar automatisiert.
- Die Angaben zu den Lagerbeständen sind transparent, überall verfügbar und immer auf dem neuesten Stand.
- Es ist eine effiziente Kommissionierung möglich.
- Die WaWi unterstützt dank umfassender Analyse bei der Planung des Produkteinkaufs.
- Es ist möglich mit einer WaWi mehrere Lagerstandorte zu verwalten.
- Die WaWi hilft den Kunden und seine Bedürfnisse zu verstehen.
- Durch die Echtzeit-Auswertung ermöglicht die WaWi höchste Transparenz.
Funktionen und Elemente des Warenwirtschaftssystems in der Lagerlogistik
Um die Kontrolle und die Übersicht zu behalten, welche Waren vorhanden sind, welche nachbestellt werden müssen und welche Produkte sogenannte Ladenhüter sind, lohnt es sich eine WaWi einzusetzen. Nichts ist schlimmer, als wenn Kunden Waren bestellen, die nicht mehr im Lager verfügbar sind und deren Versand sich unnötig in die Länge zieht – gerade in Zeiten, in denen sich Kunden an den sehr schnellen Versand großer Unternehmen gewöhnen und diesen Service schätzen und fordern.
Um das eigene Lager, mehrere Lagerstandorte und die gesamten Prozesse effizient zu managen, braucht es eine auf die individuellen Anforderungen des Unternehmens zugeschnittene WaWi. Dank dieser behalten alle Beteiligten den Überblick beim Lagerbestand sowie der Lagerplatzverwaltung. So kann der vorhandene Platz effizient genutzt werden bzw. eine Umlagerung in Auftrag gegeben werden, sollten Produkte an anderen Stellen besser aufgehoben sein.
Die WaWi managt auch die Warenauszeichnung und übernimmt die Inventurabwicklung. Es sind keine aufwändigen Zählungen vorhandener Waren mehr notwendig und das dafür vorher eingesetzte Personal kann sich anderen wichtigen Aufgaben widmen.
Arten von Warenwirtschaftssystem: Offen, geschlossen oder integriert
Es gibt im wesentlichen drei unterschiedliche Arten von Warenwirtschaftssystemen: offene, geschlossene und integrierte WaWis. Das wichtige Unterscheidungsmerkmal zwischen einer offenen und einer geschlossenen Wawi sind die eingesetzten Module bzw. der Funktionsumfang: Wenn die WaWi z. B. nur die Warenein- und -ausgänge erfasst und weitere Funktionen durch ein externes Modul abgedeckt werden, spricht man von einem offenen System.
Das geschlossene System erfasst alle Vorgänge vom Warenfluss, der Disposition bis hin zum Warenausgang und immer häufiger auch das Kundenbeziehungsmanagement (CRM) oder die Produktion. Erweitert man diese geschlossenen Systeme, spricht man von einem integrierten Warenwirtschaftssystem. Das kommt zum Beispiel dann zum Einsatz, wenn Daten aus angeschlossenen Filialen oder anderen Lagerstandorten in das System mit aufgenommen werden.
Warenwirtschaftssystem oder ERP-System?
Im Zuge ihrer Suche nach dem passenden IT-System zur Verwaltung der Lagerlogistik oder noch anderen Bereichen im Handel, stoßen Unternehmen oft auch auf den Begriff ERP-System. Diese Unternehmenssoftware ist für die Ressourcenplanung („Enterprise-Resource-Planning“) innerhalb eines Betriebes zuständig. Sie regelt ebenso betriebliche Prozesse, geht aber über die reine WaWi hinaus. Oft sind die Übergänge von einem WaWi-System und einem ERP-System sogar fließend. Worin liegt aber der eigentliche Unterschied zwischen den beiden Systemen?
Die WaWi konzentriert sich größtenteils auf Waren und deren Lagerhaltung, während die ERP-Software die Aufgabe hat, alle Ressourcen eines Unternehmens, wie beispielsweise auch Personal und Kapital, zu verwalten. Bei einer WaWi liegt der Fokus auf dem Materialfluss. Bedarfsermittlung, Beschaffung, Lagerung, Logistik und Transport sind dabei ebenso enthalten, wie Entsorgung oder Recycling.
Das ERP-System ist im Vergleich zur WaWi deutlich umfangreicher: Hier liegt der Fokus auf der gesamten Ressourcenplanung, angepasst auf Struktur und Größe des Unternehmens. Auch Kunden- und Lieferantendaten können mit einem ERP-System erfasst, gesteuert und verwaltet werden, ebenso wie die Integration der Daten aus anderen Niederlassungen oder Tochterfirmen.
Der Vorteil einer ERP-Software ist, dass die einzelnen Funktionalitäten (WaWi, CRM, Buchhaltung etc.) miteinander verknüpft sind. Daher sollten Unternehmen, die auf ein zügiges Wachstum setzen, gleich auf ein ERP-System vertrauen, welches umfangreiche Zusatzmodule mitliefern kann, statt die kleine und kompakte WaWi dann später umständlich in eine neue Unternehmenssoftware zu integrieren.
Warenwirtschaftssystem: Im eigenen Unternehmen oder in der Cloud?
Es gibt zwei verschiedene Arten von WaWi-Systemen. Handelsunternehmen können ihre WaWi lokal installieren, verwalten und betreiben. Sie zahlen dafür eine einmalige Nutzungsgebühr und erhalten das komplette Paket zur eigenen Verfügung. Sämtliche Daten und die gesamte IT werden von innen gesteuert, das bedeutet, es muss eigens dafür ausgebildetes Personal eingestellt, sowie Server gekauft werden. Ein Zugriff auf die WaWi von außen ist bei einer Inhouse Lösung nicht möglich.
Bei cloudbasierten WaWi-Systemen wie diesem stellt sich das Unternehmen die Software nach den gewünschten Funktionen individuell zusammen. Dabei werden monatliche Abokosten fällig. Der Hersteller bzw. der Betreiber des WaWi-Systems verantwortet und steuert die Updates und Backups und übernimmt die Serververwaltung komplett.
Ein weiterer Vorteil einer cloudbasierten Lösung ist der Zugriff auf die Daten von außen, zum Beispiel von einer Zweigstelle oder einem anderen Lagerstandort. Die Nachteile der cloudbasierten Lösung sind die laufenden Kosten durch das Abo-Bezahlmodell, mögliche Kosten durch die Zusatzbuchung weiterer Funktionen sowie die wichtige Frage nach der IT-Sicherheit, vor allem nach dem Standort der Server.
Was sollten Unternehmen bei der Wahl des Warenwirtschaftssystems beachten?
Bevor sich die Verantwortlichen im Unternehmen für einen Anbieter entscheiden, sollten sie eine umfangreiche Liste in Form eines Pflichtenheftes erstellen, damit der Anbieter bzw. der betreuende Fachhändler vor Ort genau weiß, wie er das WaWi-System zusammenstellen muss: Reicht eine fertige Variante der Software oder werden individuelle Schnittstellen zu anderen Systemen benötigt. Wichtig ist dabei, dass das System immer variabel erweiterbar ist.
Unternehmen sollten festlegen, welche Module für sie aktuell relevant sind und welche Module zukünftig relevant werden, wenn das Unternehmen wächst. Müssen später Funktionen aufwendig programmiert oder integriert werden, kann das ein Mehr an Zeit und Kosten bedeuten. Support bzw. Servicevereinbarungen müssen ebenso einen wichtigen Punkt im Pflichtenheft darstellen: Anpassungen und Produktaktualisierungen sollten Teil des Vertrags mit dem Anbieter sein.
Nicht zu unterschätzen ist bei der Planung auch die Zeit von der Integration bis hin zur Inbetriebnahme des Systems. Es können je nach Komplexität oder Größe des Unternehmens mehrere Monate bis Jahre vergehen, bis wirklich alle betrieblichen Prozesse in das WaWi-System übernommen wurden. Und auch dann ist das System noch nicht fertig.
In der Regel fallen den Verantwortlichen während des Echtzeitbetriebs einer WaWi Optimierungsmöglichkeiten ein, die der Hersteller der Software dann, je nach Supportvereinbarung, integrieren kann. Zudem folgt kurz vor Live-Stellung oder zum Start des Warenwirtschaftssystems eine umfangreiche Schulungsphase für das damit arbeitende Personal – diese Phase ist auch in der Zeitplanung zu beachten. Gerade zu Beginn wird es etwas länger dauern, sich im System zurecht zu finden und es kennenzulernen.
Diese wirklich entscheidenden Überlegungen, müssen Betriebe unbedingt bereits im Vorfeld intern festgelegen, bevor sie sich auf die Suche nach dem passenden Anbieter begeben. Ob dann das wirklich richtige Warenwirtschaftssystem gefunden wurde, merken Unternehmen sehr schnell in einer Analyse. Laufen die Prozesse und Arbeitsschritte deutlich schneller wie transparenter ab, deutet das auf das wirklich passende Warenwirtschaftssystem hin.
Fazit: Unternehmen sollten auf eine flexible und mitwachsende Warenwirtschaft setzen
Der Einsatz einer WaWi ist heute, auch in Zeiten des steigenden Versandhandels, keine Frage des Ob, sondern des Wie. Die Warenwirtschafts-Software bildet alle Warenströme ab und kann Unternehmen bei der Lagerlogistik maßgeblich unterstützen. Um nicht an die Kapazitätsgrenzen der Software zu stoßen, bieten sich mitwachsende Systeme an, mit denen Unternehmen ganz flexibel auf geänderte Bedingungen wie Kundenverhalten oder Lagergrößen reagieren können.
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