Kurzarbeitergeld soll helfen, die schweren wirtschaftlichen Folgen der aktuellen Corona-Krise zu lindern. Was viele dabei vergessen: Kurzarbeitergeld zählt zum Einkommen und häufig droht eine Steuernachzahlung.
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Kurzarbeitergeld kommt mit Steuernachzahlung: Das Finanzamt bittet zur Kasse
Aktuell ist es schwierig: Die wirtschaftliche Lage vieler Unternehmen ist dank der Corona-Krise für ganz 2020 äußerst schlecht. Millionen von Arbeitnehmern erhalten nur noch Kurzarbeitergeld und sollen dennoch die Konsumlust hochhalten. Damit Letzteres möglich ist, wurden am 22. April 2020 Erhöhungen bei der Zahlung von Kurzarbeitergeld beschlossen. Diese gelten bis zum Ende des Jahres und sind leider nicht für alle von Vorteil.
Der Grund: Die Leistung an sich wird steuerfrei bezogen. Sie unterliegt aber dem sogenannten Progressionsvorbehalt, was bedeutet, dass eine nachgelagerte Besteuerung vorgenommen wird. Im Rahmen der Einkommenssteuererklärung muss die erhaltene Leistung angegeben werden, danach erfolgt die Besteuerung. Die Beschäftigten, die jetzt Kurzarbeitergeld erhalten, müssen sich demnach auf eine Nachzahlung einstellen.
Warum gibt es Kurzarbeitergeld?
Die weltweit grassierende Corona-Pandemie hat schwere wirtschaftliche Folgen. Zu verdanken ist dies der Bundesregierung, die mit ihrem Lockdown beschlossen hat, nicht nur die Menschen vor einer Erkrankung zu schützen, sondern auch die wirtschaftliche Lage vieler Unternehmen in eine bedrohliche Schieflage zu bringen.
Die Auftragslage brach ein, die Produktion sank oft auf Null, viele Unternehmen sind vorsichtig mit weiteren Planungen. Zulieferer bekommen keine Aufträge und sind oft kleine Unternehmen, die auf die regelmäßigen Aufträge angewiesen sind.
Um diese Unternehmen zu entlasten, wurde eine vereinfachte Zahlung von Kurzarbeitergeld beschlossen. Jetzt müssen nur noch zehn Prozent der Angestellten eines Unternehmens von einem Ausfall der Arbeit betroffen sein.
Davor lag diese Hürde bei 30 Prozent. Viele Beschäftigte freut dies, können sie doch die Zeit der Kurzarbeit geschickt für eine Weiterbildung nutzen und haben mehr Zeit für die Familie. Die eigentlichen Probleme werden sich aber zeigen, wenn erstens die wirtschaftliche Lage des Unternehmens nicht wieder gerade gerückt wird und zweitens das Finanzamt einen Teil des Kurzarbeitergeldes in Form von Steuernachzahlungen bekommen möchte.
Video: NEU: eServices Arbeitgeberleistung: Kurzarbeitergeld Teil 1 – Voraussetzungen
Welche Regelungen gelten zum Kurzarbeitergeld?
Um das Kurzarbeitergeld von der Arbeitsagentur zu erhalten, muss der vorliegende Arbeitsausfall bei mindestens 10 Prozent liegen, davon wiederum müssen wenigstens 10 Prozent der Beschäftigten betroffen sein.
Die Sozialversicherungsbeiträge, die eigentlich der Arbeitgeber für seine Beschäftigten zahlen müsste, werden zu 100 Prozent von der Arbeitsagentur übernommen bzw. erstattet.
Das Kurzarbeitergeld kann für maximal zwölf Monate bezogen werden. Bis Ende 2020 gibt es aber auch dafür eine kulante Regelung, denn unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Verlängerung der Zahlung von Kurzarbeitergeld auf bis zu 21 Monate möglich.
Leiharbeiter können dank Corona ebenfalls in Kurzarbeit gehen und haben Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Des Weiteren wird in Unternehmen, in denen Arbeitszeitkonten geführt werden, darauf verzichtet, dass negative Stunden aufgebaut werden können.
Wie lange und in welcher Höhe wird Kurzarbeitergeld gezahlt?
Normalerweise wird Kurzarbeitergeld für höchstens zwölf Monate gezahlt. Die bereits erwähnte Verlängerung auf bis zu 21 Monate wird teilweise bereits erneut diskutiert. Im Raum steht aktuell eine Verlängerung auf bis zu 24 Monate.
Die Höhe des Kurzarbeitergeldes orientiert sich an der Höhe des Nettogehaltes, welches die Arbeitnehmer üblicherweise erhalten hätten. Sie bekommen von diesem Nettogehalt 60 Prozent gezahlt. Lebt ein Kind mit im Haushalt des Angestellten, wird das Kurzarbeitergeld auf 67 Prozent erhöht.
Alle Informationen zu Förderhöhe und Dauer der Förderung bietet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf seinen Internetseiten und durch die dort genannten Ansprechpartner.
Wer kann Kurzarbeitergeld beantragen?
Die Leistung des Kurzarbeitergeldes wird nicht durch den Arbeitnehmer selbst beantragt. Vielmehr ist es der Arbeitgeber, der den Antrag bei der Bundesarbeitsagentur stellen muss. Hierbei gilt eine Ausschlussfrist von drei Monaten, innerhalb derer der Antrag bei der Agentur für Arbeit eingereicht werden muss.
Zuständig ist immer die Agentur, in deren Einzugsbereich die für den Arbeitgeber zuständige Lohnabrechnungsstelle liegt. Die genannte Frist von drei Monaten beginnt mit Ablauf des Monats, in dem der Anspruch auf Zahlung von Kurzarbeitergeld erstmalig bestand.
Erhöhung des Kurzarbeitergeldes in 2020
Das Kurzarbeitergeld, das nun von einer Steuernachzahlung bedroht wird, wurde in Zeiten der Corona-Krise heftig diskutiert. Dafür wurde es sogar erhöht, wobei eine gestaffelte Erhöhung vorgenommen wurde. Die diesbezügliche Einigung wurde am 22. April 2020 getroffen. Die Zahlen, die dort vereinbart wurden, orientieren sich zwar an der oben genannten Regelung, doch sie liegen deutlich höher.
Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld jetzt?
Ab dem vierten Monat, für den Kurzarbeit angemeldet worden ist, wird diese Leistung auf 70 Prozent des entgangenen Gehaltes oder Lohnes angehoben. Wenn mindestens ein Kind im Haushalt lebt, erhöht sich die Leistung auf 77 Prozent.
Ab dem siebten Monat folgt eine weitere Staffelung. Dann steigt das Kurzarbeitergeld auf 80 Prozent des entgangenen Nettogehaltes. Auch hierbei gilt wieder, dass die Erhöhung um noch einmal sieben Prozent darüber liegt, wenn mindestens ein Kind im Haushalt lebt.
Anrechnung des Kurzarbeitergeldes auf das Einkommen
Wie bei vielen anderen finanziellen Unterstützungen ist es so, dass sich der Empfänger anfangs darüber freut. Endlich ein steuerfreies Einkommen! Was nicht berücksichtigt wird, ist die Steuernachzahlung, die alsbald folgt. Denn auch von einer Lohnersatzzahlung möchte das Finanzamt etwas haben und zieht somit im Rahmen des Progressionsvorbehaltes die Steuern nachträglich ein.
Warum droht eine Steuernachzahlung?
Generell gilt, dass alle Formen von Kurzarbeitergeld frei von der Einkommenssteuer sind. Das heißt, dass der Empfänger dieser Leistung das Geld ohne Abstriche bekommt. Allerdings ist jeder dieser Empfänger dazu verpflichtet, diese Ersatzleistung im Rahmen der Steuererklärung anzugeben und muss hier erklären, wenn er Leistungen erhalten hat, die über einer Gesamtsumme von 410 Euro liegen.
Ein Tipp: Es lohnt sich gar nicht, erst darüber nachzudenken, das Kurzarbeitergeld bei der Steuererklärung zu verschweigen! Dies gilt zum einen als Betrugsversuch und ist zum anderen völlig unnötig. Das Finanzamt erhält ohnehin eine Lohnsteuerbescheinigung des Arbeitgebers auf elektronischem Weg. Dort sind auch Lohnersatzleistungen eingetragen.
Die Erklärungspflicht besteht für alle, die eine staatliche Leistung wie hier eben das Kurzarbeitergeld bekommen haben. Diese Leistung soll einen Teil des entgangenen Lohnes oder Gehaltes auffangen bzw. ersetzen. Dass diese Leistung dann im Nachhinein versteuert werden muss und somit eine Steuernachzahlung droht, sieht kaum jemand wirklich ein.
Vereinfacht gesagt: Die Leistung, die ein Arbeitnehmer durch das Kurzarbeitergeld erhält, wird auf das ansonsten erhaltene Einkommen aufgerechnet. Damit ergibt sich eine Differenz zu den üblichen Steuerzahlungen. Daher kann es sein, dass am Ende eine Steuernachzahlung droht, denn das Finanzamt möchte die Differenz natürlich haben.
Vor allem gemeinsam veranlagte Ehepartner dürfte es schwer treffen, denn je höher das zu versteuernde Einkommen ist, desto höher sind auch die Steuern. Dementsprechend ist auch mit einer höheren Steuernachzahlung zu rechnen, wobei Experten der Lohnsteuerhilfe davon ausgehen, dass einige Ehepaare in Deutschland mit einer Steuernachzahlung von mehreren Hundert Euro rechnen dürften.
Gibt es auch in anderen Bereichen eine Steuernachzahlung?
Die Antwort auf die in der Überschrift gestellte Frage lautet schlichtweg „Ja“. Die Begründung dafür liegt in der Formulierung des Gesetzgebers, der meint, dass jede staatliche Leistung dem Progressionsvorbehalt unterliegt.
Damit sind auch Förderungen für Selbstständige gemeint. Wenn nun Person A ein Unternehmen führt und im Rahmen der Corona-Krise eine Soforthilfe durch die Investitionsbank beantragt und erhalten hat, kann er sich im Laufe des Geschäftsjahres über dieses Geld freuen. Person B, die mit Person A verheiratet ist, ist in einem anderen Unternehmen beschäftigt und bezieht Kurzarbeitergeld. Beide Leistungen, also sowohl Kurzarbeitergeld als auch die Förderung der Investitionsbank, unterliegen dem Progressionsvorbehalt.
Im Laufe des aktuellen Kalender- bzw. für den Unternehmer relevanten Geschäftsjahres spielt das keine Rolle, denn beide kommen finanziell gut durch die Krise. Sie erledigen dann im März des Folgejahres die Steuererklärung und warten auf den zugehörigen Bescheid. Dieser kommt auch Ende Mai mit einer heftigen Steuernachzahlung.
Das Einkommen, welches beide zusätzlich von staatlicher Seite aus bezogen haben, zeigt eine enorme Differenz in Bezug auf die gezahlten Steuern. Die Steuernachzahlung bedroht nun wiederum die finanzielle Existenz der ohnehin schon angeschlagenen Familie und des Unternehmers.
Somit bleibt festzuhalten, dass jedwede staatliche Leistung mit einer Steuernachzahlung einhergehen kann. Betroffen kann ebenso das Elterngeld sein, denn dieses wird nach den gleichen Regelungen wie das Kurzarbeitergeld behandelt. Die Erhöhungen beim Kurzarbeitergeld sind somit nur augenscheinlich hilfreich, denn der Bumerang kommt erst mit dem nächsten Steuerbescheid.
Video: NEU: eServices Arbeitgeberleistung: Kurzarbeitergeld Teil 2 – Verfahren
Aktuelle Anpassungen in der Übersicht
Bereits seit dem 16. März galten die oben genannten Regelungen, nach denen nur noch zehn Prozent der Beschäftigten von einem Arbeitsausfall betroffen sein mussten. Auch die Übernahme der Beiträge zur Sozialversicherung durch die Agentur für Arbeit war bis dahin derart geregelt.
Neu war zu diesem Zeitpunkt, dass die genannten Regelungen auch für Kurzarbeiter gelten sollten, außerdem mussten die Unternehmen nicht mehr an die Arbeitszeitkonten der Angestellten gehen. Vorher galt, dass zuerst alle Überstunden abgebaut werden mussten, eventuell waren sogar Minusstunden erlaubt.
Jetzt gelten zusätzlich zu den schon genannten folgende Regelungen:
- Die Erhöhung des Kurzarbeitergeldes ist abhängig von der Dauer, für die die Kurzarbeit gilt
- Eine deutliche Erhöhung der Prozentsätze, die zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes gelten
- Die Geltungsdauer der Erhöhungen ist: bis maximal Dezember 2020
Die Regelung, dass die Leistung des Kurzarbeitergelds dem Progressionsvorbehalt unterliegt, ist allerdings nicht neu. Bisher spielte es allerdings keine so deutliche Rolle, dass im Nachhinein noch Steuern erhoben wurden, weil die errechneten Prozentsätze weitaus geringer waren.
Wird ein Einkommen bezogen, das 87 Prozent des bisherigen Einkommens beträgt, auf das aber keinerlei Steuern gezahlt werden, ist es erklärlich, dass eine hohe Steuersumme aufläuft. Diese wird im Rahmen der Steuernachzahlung durch das Finanzamt eingefordert.
Steuerpflichtigen sei geraten, die ungefähre Summe der anfallenden Steuern beiseitezulegen, sodass der Steuernachzahlung gelassener ins Auge geblickt werden kann. Die Prozentsätze der Besteuerung gehen aus früheren Einkommenssteuerbescheiden hervor.
Sie können für die Neuberechnung herangezogen werden, um so das nötige Kapital für die Nachforderung parat zu haben. Allerdings dürfte dies in vielen Haushalten schwerfallen, da das Einkommen ohnehin schon geringer ist als vor der Krise, die Ausgaben aber weiter zu bestreiten sind.
1 Kommentar
Hallo
Kurzarbeitergeld: Im Jahr 2020 ein sehr großes Thema. Was die Arbeitnehmer die über 8 Monate oder mehr in Kurzarbeit sind an Nachzahlung erwartet ist noch mit einem Fragezeichen versehen.
Sorgen davor haben denke ich viele. Denn durch die Kurzarbeit war ja das Gehalt sowieso schon weniger und jetzt auch noch eine Nachzahlung, naja da kommt Freude auf.-:(