Mit dem Arbeitszeugnis wird die bisherige Leistung eines Arbeitnehmers dokumentiert und bewertet. Es kann Sprungbrett aber auch Falltür für den neuen Job werden. Einige Formulierungen machen den Unterschied.
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Arbeitszeugnis: Wohlklingende Formulierungen bringen Vorteile?
Beim ersten Durchlesen erscheint fast jedes Arbeitszeugnis als positiv. Die Formulierungen in Bezug auf das Verhalten des Arbeitnehmers und auf die Erfüllung seiner Aufgaben am Arbeitsplatz klingen toll. Allerdings sind Schritte zur Erstellung eines Arbeitszeugnisses auch so gewählt, dass sie durchaus negativ sein können.
Hier versteckt sich praktisch eine Art Geheimsprache, die die Arbeitgeber untereinander wunderbar beherrschen. Für den Angestellten, der auf das Zeugnis für seine Bewerbung angewiesen ist, bedeutet das aber, dass er eine Übersetzung des Textes benötigt, um einschätzen zu können, ob er nun wirklich ein gutes oder doch ein schlechtes Zeugnis ausgestellt bekommen hat.
Inhalt im Arbeitszeugnis: Das muss enthalten sein
Der Arbeitgeber ist verpflichtet dazu, dem Arbeitnehmer ein Zeugnis auszustellen. Gleichwohl dürfen viele Angestellte ihr Zeugnis selbst schreiben, laufen dabei aber Gefahr, aus Unwissenheit scheinbar wohlklingende Formulierungen zu verwenden. Dass diese oftmals das Gegenteil vom genauen Wortlaut bedeuten, ist ihnen nicht klar. Später wundern sie sich dann, warum die Bewerbung um den Traumjob wieder einmal nicht erfolgreich war. Doch nicht nur die Inhalte sind im Zeugnis wichtig, sondern auch der Aufbau.
Dieser folgt einer typischen Aufteilung und sieht meist so aus:
- Briefkopf des Arbeitgebers
- Titel „Arbeitszeugnis“
- Stammdaten des Arbeitnehmers
- Beschreibung der Aufgaben und Tätigkeiten sowie Erfolge des Arbeitnehmers im Unternehmen
- Bewertung von Leistung, Verhalten und Arbeitsweise
- Bewertung des Sozialverhaltens
- Angaben zum Grund des Austritts aus dem Unternehmen
- Schlussformel
- Wünsche für die Zukunft des Arbeitnehmers
- Ort, Datum und Unterschrift des Arbeitgebers
Das Zeugnis muss nicht lang sein, zwei bis höchstens drei DIN-A4-Seiten sind ausreichend. Zu viel Text wirkt wie Lobhudelei! Dabei ist das einfache Arbeitszeugnis kürzer gehalten, denn hier fehlen Angaben zur Leistung und zum Sozialverhalten. Diese Art Zeugnis sollte daher nur gewählt werden, wenn der Arbeitnehmer es selbst erstellen kann und weiß, dass er kein gutes bis sehr gutes Zeugnis erwarten kann. Bei einer Bewerbung wird aber in der Regel ein qualifiziertes Arbeitszeugnis erwartet, daher kann die Vorlage eines einfachen Zeugnisses schon der erste Ausschlusspunkt sein.
Rechte des Arbeitnehmers
Nicht nur, dass der Arbeitnehmer das Recht auf die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses hat, muss es auch bestimmten Anforderungen genügen. Hohn und Spott dürfen nicht enthalten sein, auch ironische Bemerkungen sind tabu. Sind solche enthalten, müssen diese auf Verlangen des Arbeitnehmers herausgestrichen werden. Auch die Formulierung, dass man den Austritt des Angestellten „zur Kenntnis nehme“, muss gestrichen werden. Sie verdeutlicht, dass es sich hierbei um eine nicht-einvernehmliche Trennung gehandelt hat.
Das Recht auf Ausstellung eines Zeugnisses haben sowohl Arbeitnehmer als auch freie Mitarbeiter oder Auszubildende. Sogar 450-Euro-Jobber können ein solches verlangen, ferner Volontäre und Praktikanten. Wenn eine Kündigung erstellt wird, kann das Zeugnis bereits am Tag der Kündigungszustellung verlangt werden. Dies soll dem Gekündigten die Möglichkeit eröffnen, möglichst bald eine Bewerbung zu versenden.
Gesetzlich geregelt ist ein Verjährungsanspruch von drei Jahren, doch die Arbeitsgerichte halten den Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses innerhalb von vier bis zehn Monaten für angemessen. Eine Zusendung kann nicht verlangt werden, der Arbeitnehmer muss sein Zeugnis im Unternehmen abholen.
Typische Formulierungen im Überblick
Die meisten Arbeitszeugnisse wirken auf den ersten Blick durchaus positiv. Doch wer einmal die Übersetzungshilfen für ein solches Zeugnis zur Hand nimmt, erfährt schnell, dass hinter den scheinbar wohlmeinenden Aussagen durchaus Kritik steht. Gut ist ein Arbeitszeugnis dann meist doch nicht, auch wenn die beschriebene Bewertung den Anschein erweckt.
Häufige Formulierungen und die damit verbundenen Noten
Die folgende Übersicht zeigt einige Beispiele für typische Formulierungen, die Angaben zum Verhalten des Arbeitnehmers im Unternehmen machen bzw. die das Verhalten in verschiedenen Bereichen bewerten. Die Angaben beziehen sich dabei sowohl auf die Aufgaben, die dem Mitarbeiter im Unternehmen oblagen, als auch auf das kollegiale Verhalten im Team.
Ob etwas davon wirklich gut war oder nicht, zeigen diese typischen Formulierungen für das Arbeitszeugnis und die jeweilige Übersetzung in Schulnoten:
- Note „sehr gut“
„Der Arbeitnehmer hat die ihm übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt.“ - Note „gut“
„Der Arbeitnehmer hat die ihm übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.“ - Note „befriedigend“
„Der Arbeitnehmer hat die ihm übertragenen Aufgaben stets zu unserer Zufriedenheit erledigt.“ - Note „ausreichend“
„Der Arbeitnehmer hat die ihm übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit erledigt.“ - Note „mangelhaft“
„Der Arbeitnehmer hat die ihm übertragenen Aufgaben insgesamt zu unserer Zufriedenheit erledigt.“ - Note „ungenügend“
„Der Arbeitnehmer hat sich bemüht, die ihm übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit zu erledigen.“
„Der Arbeitnehmer führte die ihm übertragenen Aufgaben mit Interesse aus.“
Auch wenn zum Beispiel die Bewertung zur Note 3 gar nicht so schlecht klingt, ist sie für eine Bewerbung meist nicht ausreichend. Die Kritik versteckt sich hier zwischen den Zeilen bzw. in den geringen Differenzierungen zwischen den Aussagen. Ob eine Aufgabe „zur vollen“ oder „zur vollsten“ Zufriedenheit erledigt wurde, macht eben doch einen Unterschied.
Arbeitnehmer sollten daher darauf achten, ob zum Beispiel doppelte Verneinungen im Arbeitszeugnis enthalten sind oder ob es sich bei den Darstellungen der Aufgaben um weniger wichtige Tätigkeiten handelt. Auch die Aussage, dass Kundenkontakt gegeben war, ohne dass dieser bewertet wird, ist negativ behaftet.
Weitere Beispiele für Aussagen in Arbeitszeugnissen
Hier einmal einige Beispiele für Aussagen, die in keinem Arbeitszeugnis stehen sollten, wenn sich der Betreffende damit noch irgendwo bewerben möchte:
- “Er zeigte Verständnis für die Arbeit.“
Verständnis war da, erledigen konnte sie jemand anderes. Der Mitarbeiter war faul! - “Sie war stets bemüht.“
Bemühungen waren da, geschafft hat sie es aber leider nicht. - “Ihr Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten war vorbildlich.“
Es gab Probleme mit dem Chef, daher werden die Vorgesetzten auch erst nach den Kollegen erwähnt. Das Verhalten war eben nicht hinnehmbar. - “Er erledigte seine Aufgaben pflichtbewusst.“
Eigeninitiative gab es nicht, der Mitarbeiter hat nur das gemacht, was er unbedingt tun musste. - “Sie hatte Gelegenheit zur Aneignung des nötigen Fachwissens.“
Die Gelegenheit war da, genutzt wurde sie nicht. - “Er verstand es, alle Aufgaben mit Erfolg zu delegieren.“
Selbst arbeitete der Mitarbeiter kaum, er war Meister im Verteilen seiner Arbeit. - “Sie erzielte nicht unerheblicher Erfolge.“
Erfolge waren nicht wirklich vorhanden. - “Er war gegenüber den Mitarbeitern ein verständnisvoller Vorgesetzter.“
Autorität war nicht vorhanden, außerdem konnte sich der Betreffende nicht durchsetzen. - “Seine Geselligkeit trug dazu bei, dass das Betriebsklima verbessert werden konnte.“
Bei jeder Gelegenheit trug er zur Unterhaltung bei und neigte zu Alkoholgenuss. - “Sie arbeitete mit großer Genauigkeit.“
Sie war langsam und übergenau, ihre Arbeit ging nicht wirklich vorwärts. - “Er war ein überaus geschätzter Gesprächspartner.“
Ein Schwätzer! Lange Privatgespräche und Unterhaltungen mit den Kollegen waren üblich. - “Er trat im Unternehmen für die Interessen der Mitarbeiter ein.“
Er war im Betriebsrat tätig. Vorsicht! - “Sie ging immer fleißig, ehrlich und pünktlich an ihre Aufgaben heran.“
Sie gab sich zwar Mühe, aber die fachliche Qualifikation war einfach nicht vorhanden.
Viele dieser Formulierungen sind inzwischen bekannt und werden seitens der Arbeitgeber gemieden. Doch auch ähnliche Aussagen sind üblich und drücken denselben Sachverhalt aus. Sollten Arbeitnehmer beim Erhalt ihres Arbeitszeugnisses diese oder ähnliche Aussagen finden, sollten sie eine Änderung im Zeugnis verlangen. Ein qualifiziertes Zeugnis wird damit nicht ausgestellt!