Arbeitszeiterfassung: Pflicht und digitale Möglichkeiten ab 2024

0

Arbeitszeiterfassung: Pflicht und digitale Möglichkeiten ab 2024

Um die abgeleistete Arbeitszeit korrekt zu erfassen, sind technische Möglichkeiten nötig. Gleichzeitig gilt ab 2024 eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung, wobei es möglich sein muss, dass die erfassten Daten von Dritten nachvollziehbar sind.
Update 17.01.2024: Welche Daten müssen erfasst werden?Digitale und rechtssichere Erfassung der ArbeitszeitRechtliche BetrachtungVideo zum EuGH-UrteilMögliche Varianten zur Erfassung der ArbeitszeitPflicht zur Erfassung der geleisteten Stunden

Arbeitszeiterfassung: Bedeutung und rechtssichere Möglichkeiten

Wer kennt noch den sogenannten Stundenzettel? Darauf wurden die täglichen Anfangs- und Endzeiten der Arbeitszeit handschriftlich notiert. Einmal im Monat musste der Chef oder Abteilungsleiter gegenzeichnen, danach konnte der Stundennachweis an die Personalabteilung gereicht werden. Diese wiederum war dafür zuständig, eventuelle Überstunden auszuzahlen. Natürlich war es ein Leichtes, auf einem derartigen Zettel zu mogeln, zudem wurden Pausen oftmals nicht notiert. Der Stundenzettel war damit nur ein ungefährer Anhaltspunkt dazu, ob der betreffende Arbeitnehmer an den einzelnen Tagen anwesend war oder nicht. Wie lange genau, wusste niemand aus dem Mitarbeiter selbst.

Mit derlei Ungenauigkeiten sollte endlich Schluss sein und so wurde die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ins Leben gerufen. Diese soll auf digitalem Wege stattfinden, um möglichst genau und fälschungssicher zu sein. Bislang gab es noch zahlreiche Fragen zur möglichen Umsetzung, doch diese scheinen nun geklärt. Die automatische Arbeitszeiterfassung im Unternehmen kann damit rechtssicher umgesetzt werden.


Update 17.01.2024

Welche Daten müssen erfasst werden?

Die aktuellen Betrachtungen basieren auf dem sogenannten Referentenentwurf, den das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zur Neufassung des Arbeitszeitgesetzes vorgelegt hat. Darin werden Arbeitgeber verpflichtetet, bestimmte Daten elektronisch aufzuzeichnen:
  • Beginn der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer
  • Ende der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer
  • Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer
Die Aufzeichnung soll am Tag der Arbeitsleistung erfolgen. Allerdings bleibt offen, in welcher Form die elektronische Aufzeichnung erfolgt. Weitere Vorschriften enthält der § 16 Absatz 5 des Referentenentwurfs. Darin werden Arbeitgeber ebenfalls dazu verpflichtet, die aufgezeichneten Daten dem Arbeitnehmer auf Wunsch in Kopie zur Verfügung zu stellen, ihn über die aufgezeichneten Daten zu informieren.

Mögliche Abweichungen im Referentenentwurf

Doch der Referentenentwurf sieht auch mögliche Abweichungen von den aufgeführten Pflichten vor. Diese Abweichungen sind vorgesehen:

  • Übergangszeit

    Eine Übergangszeit ist vorgesehen, in der abgewichen werden kann. Die Dauer der Übergangszeit richtet sich nach der Betriebsgröße des Unternehmens.
    Details dazu finden sich im § 16 Absastz 8 des Referentenentwurfs.

  • Tarifvertrag

    Eine Abweichung kann auch innerhalb eines Tarifvertrags vereinbart sein. In diesem Fall gilt der Tarifvertrag. Hier kann es auch Betriebs- oder Dienstvereinbarungen geben, welche auf einem Tarifvertrag beruhen.
    Details hierzu finden sich im § 16 Absatz 7 des Referentenentwurfs.

  • Betriebsgröße

    Abweichungen sind für Betriebe mit bis zu zehn Arbeitnehmern möglich.
    Details hierzu finden sich in § 16 Absatz 8 des Referentenentwurfs.

Die möglichen Abweichungen aufgrund eines Tarifvertrags bzw. aufgrund einer darauf basierenden Betriebs- oder Dienstvereinbarung sind dabei vordefiniert:

  • Abweichung von der elektronischen Form der Aufzeichnung.
  • Abweichung vom Zeitpunkt der Aufzeichnung. Allerdings ist dies limitiert: Die Aufzeichnung mussinnerhalb von sieben Tagen nach der Arbeitsleistung erfolgen.
  • Abweichung sind möglich, wenn die gesamte Arbeitszeit nicht gemessen werden kann oder nicht im Voraus festgelegt werden kann. Dies häng allerdings an den besonderen Merkmalen der ausgeübten Tätigkeit.

    Details hierzu finden sich im § 16 Absatz 7 des Referentenentwurfs.


Darum ist die Arbeitszeiterfassung wichtig

Unter dem Begriff „Arbeitszeiterfassung“ werden alle Möglichkeiten, die ein Unternehmen zur Aufzeichnung der Arbeitszeit von Mitarbeitern hat, zusammengefasst.

Die Angestellten schulden dem Unternehmen eine vertraglich festgesetzte Arbeitszeit, deren Ableistung so exakt wie möglich dokumentiert werden soll.

Ruhepausen und unbezahlte Zeiten sollen herausrechenbar sein.

Die korrekte Erfassung aller geleisteten Stunden ist von Vorteil für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, denn

  • der Nachweis über einzuhaltende Pausen und Ruhezeiten ist möglich.
  • mit dem Erfassen zeigt sich, ob seitens des Arbeitgebers Handlungsbedarf zu den Ruhezeiten vorliegt.
  • die abgeleisteten Stunden können korrekt nachverfolgt werden. Überstunden werden ebenso ersichtlich wie Fehlzeiten.
  • eine korrekte Gehalts- und Lohnabrechnung ist auf Basis dieser Daten möglich.

Digitale und rechtssichere Erfassung der Arbeitszeit

Als Endgeräte für die Arbeitszeiterfassung können PC und Mac ebenso verwendet werden wie mobile Endgeräte oder ein separates Terminal. Damit stehen Arbeitgebern alle technischen Möglichkeiten zur digitalen Zeiterfassung zur Verfügung. Individuell lassen sich bei entsprechenden Lösungen Pausen, Überstunden und Zuschläge einstellen, darüber hinaus können Urlaubsplaner und Abwesenheitsverwaltung integriert werden. Da derartige Lösungen auch an verschiedenen Standorten verwendet werden können, sind sie ideal für Remote Working und Home Office. Gerade die Arbeitszeiterfassung auch bei mobilem Arbeiten gestaltet sich derzeit noch schwierig, viele Arbeitgeber haben dafür noch keine perfekten Lösungen gefunden. Doch auch die Mitarbeiter, die von zu Hause aus arbeiten, haben die Pflicht zur Erbringung der vertraglich vereinbarten Stunden.

Für die Erfassung der Arbeitszeit stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. (Foto: AdobeStock - 596955522 nicoletaionescu)

Für die Erfassung der Arbeitszeit stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. (Foto: AdobeStock – 596955522 nicoletaionescu)


Rechtliche Betrachtung der aktuellen Lage zur Arbeitszeiterfassung

Bis zum Mai 2019 hatten die Unternehmen die Pflicht, lediglich die Arbeitszeit zu erfassen, die über die täglichen acht Stunden hinausging. Neben diesen Überstunden wurden auch die Sonn- und Feiertage erfasst, sofern an diesen gearbeitet wurde. Das Arbeitszeitgesetz war hier ein wenig ungenau, denn die genaue Arbeitszeit zu erfassen bedeutet schließlich, die Anfangs- und Endzeiten zu kennen. Doch die detaillierte Erfassung war bisher gar nicht das erklärte Ziel, daher mussten sich weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber Gedanken um die Korrektheit der Daten machen. Das Arbeitszeitgesetz beschränkte sich daher vor allem auf die maximale Arbeitszeit pro Tag, die Mindestdauer der Ruhezeiten sowie die Arbeit an Sonn- und Feiertagen. Durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Mai 2019 kam jedoch auch das Thema der Arbeitszeiterfassung auf den Tisch und wurde gesetzlich festgelegt.

Video: EuGH-Urteil: Arbeitszeit von Mitarbeitern muss komplett erfasst werden

Das sagt der Europäische Gerichtshof zur Erfassung der Arbeitszeit

Der Europäische Gerichtshof urteilte, dass Arbeitgeber die Pflicht dazu hätten, die Arbeitszeiten ihrer Angestellten verlässlich, objektiv und in einem zugänglichen System zu erfassen.

Für die Unternehmen bedeutet das, dass nun auch die Mitarbeiter zweifelsfrei belegen können, wann sie wie viel Arbeit erbracht haben und ob sie über den vertraglich festgelegten Stunden liegen.

Der Europäische Gerichtshof sieht es als nicht gewährleistet an, dass ohne reguläre Zeiterfassung eine Einhaltung der Arbeitszeiten überhaupt möglich ist. Das Urteil soll Arbeitnehmer schützen und dafür sorgen, dass mögliche Verstöße seitens des Arbeitgebers direkt deutlich werden.

Im September 2022 hat nun auch das Bundesarbeitsgericht bestätigt, dass alle Arbeitgeber dazu verpflichtet sind, die Arbeitszeiten ihrer Angestellten korrekt zu erfassen. Dabei müssen natürlich die Datenschutzbestimmungen eingehalten werden.

Die Eckpunkte zur Umsetzung der Arbeitszeiterfassung sehen wie folgt aus:

  • Arbeitgeber ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit und der Pausen aufzuzeichnen
  • Arbeitgeber haben die Möglichkeit, die Aufzeichnungspflicht auf die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu übertragen
  • tatsächliche und korrekte Arbeitszeiterfassung muss sichergestellt sein
  • Aufzeichnung kann digital oder analog erfolgen

Eine Übergangsfrist für die Verpflichtung zur Aufzeichnung besteht nicht, auch wenn derzeit noch Widerspruchsverfahren laufen oder die Pflicht zur Aufzeichnung angepasst werden soll.

Pflicht zur Erfassung der geleisteten Stunden besteht für alle

Grundsätzlich müssen alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ihre Arbeitszeit erfassen (lassen). Das gilt auch für Führungskräfte.

Selbst für den Geschäftsführer gilt, dass er seine geleisteten Stunden nachweisen muss. Im Gegensatz zu anderen Angestellten gilt für Führungskräfte aber, dass sie keinen Anspruch auf einen Ausgleich der geleisteten Überstunden haben.

Tipp: Teilweise erfragt das Finanzamt einen Nachweis der geleisteten Stunden, daher sollten Führungskräfte auf eine durchgängige und korrekte Aufzeichnung der Arbeitszeit achten.

Mögliche Varianten zur Erfassung der Arbeitszeit

Für die Erfassung der Arbeitszeit stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Unterschiedliche Faktoren spielen bei der Entscheidung für oder gegen ein System mit. Unter anderem geht es um den bereits vorhandenen Digitalisierungsgrad, um die Größe des Unternehmens sowie um die Branche, in der die Firma tätig ist. Auch die gelebten Arbeitszeitmodelle sind maßgeblich für die Entscheidung, welches System zur Arbeitszeiterfassung eingesetzt wird. Häufig entscheiden sich Arbeitgeber für ein stationäres System, bei dem sich die Mitarbeiter mittels einer Karte oder eines Chips anmelden. An- und Abmeldung sind auch per Smartphone oder teilweise mit dem Fingerabdruck möglich.

Eine bekannte Variante ist zudem die Stempeluhr, die jedoch schon heute als nicht mehr zukunftsfähig gilt. Die bereits erwähnten Stundenzettel können war ebenfalls noch fortgeführt werden, sind aber inzwischen fast nur noch in der Baubranche oder bei Projektarbeiten verbreitet.

Für die Erfassung der Arbeitszeit stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. (Foto: AdobeStock - 30174179 K.- P. Adler)

Für die Erfassung der Arbeitszeit stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. (Foto: AdobeStock – 30174179 K.- P. Adler)

Kleine Unternehmen erfassen die Arbeitszeit möglicherweise über eine Excel-Tabelle. Fehler bei der Dateneingabe können aber vorkommen, außerdem sind die Kontrollmöglichkeiten durch den Vorgesetzten gering. Damit wird möglichen Manipulationen Vorschub geleistet, wobei die Manipulierbarkeit für beide Seiten gegeben ist.

Anwendungen, die am Desktop oder Smartphone genutzt werden, sind schon eher zeitgemäß. Der Arbeitsbeginn wird hier per Mausklick oder Klick in der App bestätigt und aufgezeichnet. Am Ende des Arbeitstages oder bei Ruhe- und Pausenzeiten melden sich die Nutzer ganz einfach wieder ab. Diese Art der Zeiterfassung eignet sich vor allem im Home Office oder bei Remote Arbeitsplätzen.

Mitarbeiter nicht kontrollieren!

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser? Das mag in vielen Bereichen stimmen, bei der Arbeitszeit stimmt der bekannte Spruch nur bedingt. Denn: Ein Mitarbeiter, der sich ständig kontrolliert fühlt, wird sich im Unternehmen nicht lange wohlfühlen. Da ihm kein Vertrauen entgegengebracht wird, könnte sich der Betreffende schnell bei anderen Arbeitgebern umsehen. Es ist daher wichtig, die Mitarbeiter „mitzunehmen“ und ihnen von Anfang an die Vorteile der Arbeitszeitaufzeichnung zu verdeutlichen. Außerdem sollte klar sein, wie und wozu die Daten verwendet und wann sie vernichtet werden. Die Systeme zur Zeiterfassung dürfen nicht von Unbefugten genutzt werden können, außerdem muss die Übertragbarkeit der Daten eingeschränkt werden. Lassen sich die Daten verändern, muss auch das transparent sein, eine Eingabekontrolle ist daher wichtig. Sicherheit wird im Zusammenhang mit den hier gesammelten persönlichen Daten großgeschrieben.

Lassen Sie eine Antwort hier