Studenten im letzten Semester stehen nicht selten vor der Frage, wie sie ihre Bachelor- oder Masterarbeit bloß schaffen sollen. Eine Agentur, die Ghostwriter vermittelt, ist schnell gefunden.
Wie arbeitet ein Ghostwriter? (Video)
Ein akademischer Text muss vielfältigen Anforderungen genügen – der Unterhaltungswert steht dabei an letzter Stelle. Vielmehr kommt es auf die fachliche und sachliche Richtigkeit an, Aussagen müssen belegt werden, Hintergründe recherchiert. Aktuelle Studienergebnisse werden präsentiert, der Ausblick auf die Zukunft innerhalb des behandelten Bereichs wird gegeben.
Dies alles erfordert viel Sorgfalt beim Recherchieren und Schreiben, außerdem braucht es jede Menge Zeit. Zeit, die viele Studenten nicht haben und sich daher an eine Agentur wenden, die Ghostwriter vermittelt. Dieser wiederum übernimmt die Anfertigung der Haus- oder Abschlussarbeit.
Allerdings arbeiten nicht alle Ghostwriter ehrlich: Viele von ihnen haben mehrere Hundert bis Tausend Dokumente in ihren Rechnern gespeichert und kopieren je nach Bedarf Textteile zusammen. Individuelle Recherchen und Texte sind hier Mangelware. Der so oft geforderte einzigartige Inhalt ist schon längst nicht mehr gang und gäbe, die Auftragsarbeiten werden zusammenkopiert.
Am Ende steht dann zwar eine fertige Arbeit, an der aber weder der Student noch der Ghostwriter wirklich Anteil hatte – den tatsächlichen Aufwand hatten einst die ehrlichen Autoren. Die Gefahr dabei ist aber, dass der Schwindel auffliegt. Was, wenn der Professor die gleichen Aussagen in einer anderen Arbeit bereits lesen musste?
Doch nicht jeder Ghostwriter arbeitet so, viele von ihnen verfassen die wissenschaftlichen Arbeiten individuell und stecken hier jede Menge Zeit und Energie hinein. Die Lorbeeren erntet dann der vermeintliche Autor, unter dessen Namen die Arbeit publiziert wird. Insofern ist die Arbeit als Ghostwriter eine recht undankbare Tätigkeit, was jedoch durch eine mittlere bis gute Bezahlung wieder relativiert wird.
Video: Ghostwriter – Kommt man mit gefaketen Hausarbeiten wirklich durch? || PULS Reportage
Individuelle Preisfestlegung je nach Aufwand
Ein Ghostwriter legt seinen Preis in Absprache mit der Agentur (oder bei alleiniger Tätigkeit) selbst fest. Meist wird für individuell erstellte Seiten ein Preis zwischen 50 und 100 Euro pro Seite vereinbart. Darin inbegriffen sind alle Recherchearbeiten, das Einbringen von Fotos, Quellenangaben und Forschungsergebnissen. Die Masterarbeit mit etwa 80 Seiten kostet dann zwischen 4000 und 8000 Euro – ein kleines Vermögen, für das sich viele Studenten verschulden.
Günstiger werden die Angebote in der Regel nur, wenn die Arbeit aus Textbausteinen zusammengestellt wurde. Bei einem Preis unter 50 Euro sollte also jeder aufmerksam werden, der über die Vergabe eines entsprechenden Auftrags nachdenkt. Das Interessante dabei ist, dass die meisten Autoren nur rund ein Viertel des Gesamtpreises bekommen. Das relativiert das Bestreben, eine individuelle Arbeit zu erstellen, verständlicherweise etwas.
Fachlich gut oder durchgefallen?
Die meisten Ghostwriter bieten nicht nur die Bearbeitung eines Fachbereichs an, sondern schreiben auch für bereichsfremde Fächer. Selbst für den Fall, dass sie beispielsweise Rechtswissenschaften studiert haben, sind sie also nur Profi auf dem eigenen Gebiet. In andere Fachbereiche müssen sie sich erst einarbeiten, was wiederum bewirkt, dass die Arbeit zum einen länger dauert, zum anderen fachliche Fehler enthalten kann.
Eine Garantie für die Richtigkeit übernehmen Ghostwriter oder ihre Agenturen in der Regel nicht. Teilweise werden die Aufträge zwar noch einmal zur Überarbeitung zurückgegeben, eine Ablehnung wegen fachlicher Mängel ist aber höchst selten. Für den Auftraggeber sollte klar sein, dass in einem fachfremden Bereich keine derartige Tiefe erreicht werden kann.
Allerdings ist dies immer ein gewisses Risiko, denn der Auftraggeber kennt seinen Ghostwriter in der Regel nicht und somit auch nicht dessen fachlichen Hintergrund. So bleibt es ein Glücksspiel, ob die fertige Arbeit den hohen Anforderungen einer Hochschule gerecht werden kann.
Wer macht sich strafbar?
Strafbar macht sich ein Ghostwriter beim Anfertigen von Hausarbeiten und Prüfungen nicht. Er erfüllt einen Auftrag, den er von seiner Agentur vermittelt bekommen hat, bekommt dafür sein Honorar und hat nichts Unrechtes getan. Anders sieht es bei dem betreffenden Studenten aus, der den Auftrag an die Agentur vergeben hat. Er unterzeichnet dafür, dass er die Arbeit ohne fremde Hilfe angefertigt hat, was in Wirklichkeit aber nicht der Fall ist.
Für ihn besteht das Risiko, dass die Sache auffliegt und das Prüfungsergebnis wieder aberkannt wird. Wer sich nun fragt, wie so etwas herauskommen sollte, wird sich angesichts mancher Geschichten an den Hochschulen wundern. So sind es nicht selten die Ex-Partner, die dem früheren Studenten etwas auswischen wollen und einen dezenten Tipp bezüglich der Abschlussarbeit an die Hochschule übermitteln.
Außerdem sollte jedem Auftraggeber bewusst sein, dass er sich erpressbar macht. Er begibt sich in ein lebenslanges Abhängigkeitsverhältnis und muss immer mit der Möglichkeit leben, dass die Sache herauskommen könnte. Sicherlich sind solche kriminellen Machenschaften eher die Ausnahme, denn besteht die geringe Wahrscheinlichkeit, dass der Ghostwriter eines Tages etwas vom Karrierekuchen abhaben möchte.
Wann werden Grenzen überschritten? (Video)
Ehe sich ein Student nun in die Ecke gedrängt fühlt und sich nicht mehr traut, den besten Studienfreund um Rat zu fragen: Natürlich ist es erlaubt, sich Anregungen aus dem eigenen Umfeld zu holen. Auch der Entwurf der Haus- oder Abschlussarbeit darf durch andere gegengelesen werden, ein Lektorat oder wenigstens Korrektorat ist ebenfalls möglich.
Der Autor muss die Änderungen aber selbst einarbeiten und soll sich lediglich Anregungen und Änderungsvorschläge holen – keine fertigen Textpassagen. Sobald jemand anderes für den eigentlichen Autor in die Tasten greift und den Text tippt, wird eine Grenze überschritten. Anregungen holen ja, schreiben lassen nein!
Wenn der Schwindel auffliegt, drohen meist folgende Konsequenzen:
- Exmatrikulation
- Aberkennung der Prüfungsergebnisse
- Geldstrafen
Die Bundes länder haben ihre eigenen Hochschulgesetze, nach denen sie vorgehen und die die Bestrafung im Betrugsfall behandeln. Wer sich genauer darüber informieren möchte, sollte daher das aktuelle Hochschulgesetz, das für die eigene Uni gilt, einsehen. Auch wenn ein guter Ghostwriter keine Texte zusammenkopiert und diese Arbeit als neues Werk verkaufen will, so ist seine Arbeit immer noch nicht legal und kann die oben genannten Konsequenzen nach sich ziehen.
Video: Hausarbeit vom Ghostwriter – der Undercover-Test
Ich kann aber doch nicht schreiben!
Viele Studenten haben das Problem, dass sie sich mit der Erstellung einer wissenschaftlichen Arbeit und der Einhaltung der wissenschaftlichen Arbeitstechniken überfordert fühlen. Dabei geht es natürlich nicht um das Schreiben an sich, denn dieses dürften die meisten wohl beherrschen. Wer jedoch der Meinung ist, er könne die Techniken wissenschaftlichen Arbeitens nicht anwenden oder keinen zusammenhängenden Text produzieren, sollte sich an einen Coach oder Mentor wenden, der ihn unterstützt.
Dies ist wenigstens legal, denn der Student muss seinen Text selbst schreiben. Ihm steht lediglich ein Partner zur Seite, der ihn berät und der dazu beiträgt, dass Schwachstellen im Text vermieden werden. So entsteht ein individueller Text, der aus der Feder des Prüflings selbst stammt – und dazu noch um einiges günstiger ist als der des Ghostwriters.
Mittlerweile gibt es auch Ghostwriter, die durch eigene Gewissensbisse nicht mehr in diesem Job tätig sind. Sie arbeiten aber als Coach und können ihr Wissen aus der Anfertigung unzähliger Arbeiten gebündelt weitergeben. Der Mentor hat dabei nicht nur den Vorteil, dass er Auskunft zu vielen Sch reibfragen geben kann, er ist auch in der Lage, wichtige Hinweise und fachliche Hintergründe zu liefern. Er kann überdies Motivationshilfe sein und regt den Studenten immer wieder dazu an, diszipliniert weiterzuarbeiten.
Wer keine dauerhafte Betreuung durch einen Mentor wünscht, kann eventuell auch die Hilfe eines Wissenschaftslektors in Anspruch nehmen. Dieser kontrolliert den gesamten Text auf Form- und Sprachfehler, setzt neue Formatierungen und kennzeichnet zu ändernde Stellen, weil sie sprachlich oder sachlich falsch sind.
Wichtig ist der Unterschied zwischen einem Korrektor und einem Lektor: Während Ersterer nur die offensichtlichen Rechtschreib-, Grammatik- und Ausdruckfehler sowie falsche Formatierungen beanstandet, kann der Wissenschaftslektor auch fachliche Hinweise geben, da er selbst eine entsprechende Ausbildung hat und mit dem Fachgebiet bestens vertraut ist.
Eine dritte Person wie der Lektor oder der Korrektor vermag auch Denkanstöße zu geben, für die der Schreibende mittlerweile betriebsblind geworden ist, weil er zu tief in der Materie steckt und genau weiß, was er mit seinen Sätzen sagen möchte. Der Leser weiß das aber noch lange nicht – hier sind inhaltliche Hinweise von Dritten, die nicht an der Entstehung der Arbeit beteiligt sind, sehr dienlich.
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