Für manche Berufseinsteiger ist die Berufsfachschule nur eine Alternative, für andere ein geplanter Einstieg in weiterführende Qualifikationen. Je nach Bundesland können unterschiedliche Voraussetzungen gelten. Wir beleuchten die wichtigsten Fragen zu diesem Thema.
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Berufsfachschulen sind eine Alternative zur dualen Ausbildung
Wenn das Ende der Schulzeit naht, ist die Frage, wie es anschließend weitergeht, längst nicht immer geklärt. Für viele Berufseinsteiger bieten sich unterschiedliche Optionen an. Wer die Schule mit einem Hauptschulabschluss oder der Mittleren Reife verlässt, bekommt aber längst nicht immer automatisch einen Ausbildungsplatz.
Die klassische duale Ausbildung, also der Mix aus praktischen Elementen der betrieblichen und theoretischen Abschnitten der schulischen Ausbildung ist jedoch nicht der einzige Weg zum Ziel.
Eine Berufsfachschule bietet die Möglichkeit, über eine rein schulische Ausbildung den Einstieg in das Berufsleben zu wählen. Gerade im Bereich der sozialen und Gesundheitsberufe ist diese Variante sehr beliebt, aber sie steht auch in vielen Handwerksberufen, IT-Berufen, der Wirtschaft sowie gestalterischen Ausbildungsgängen zur Verfügung. Die Möglichkeiten sind dabei leider nicht bundesweit einheitlich geregelt.
Sowohl die Voraussetzungen als auch die möglichen Ausbildungsgänge können sich je nach Bundesland unterscheiden. Zudem haben Auszubildende die Wahl zwischen privaten und staatlichen Berufsfachschulen, wobei die Privatschulen keine kostenfreien Ausbildungen anbieten und ein entsprechendes Schulgeld gezahlt werden muss. Ob staatlich oder privat, ist letztlich nicht entscheidend und hängt von den finanziellen Möglichkeiten und den Vorlieben des Auszubildenden ab.
Wichtig ist jedoch, dass am Ende des Besuches einer Berufsfachschule auf jeden Fall ein staatlich anerkannter Abschluss herausspringt. Das ist nicht selbstverständlich. Gerade bei den privaten Anbietern werden längst nicht alle Abschlüsse in allen Bundesländern staatlich anerkannt.
Wer sich mit einem nicht anerkannten Abschluss bewirbt, bekommt von Arbeitgebern bzw. weiterführenden Schulträgern oft eine negative Antwort. Und selbst bei einer positiven Bewerbung mit einem staatlich nicht anerkannten Abschluss kann die eventuelle Beantragung von Fördermitteln (Bafög) problematisch sein.
Welche Voraussetzungen muss man für die Berufsfachschule mitbringen?
Diese Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten, da in den verschiedenen Bundesländern teilweise unterschiedliche Regelungen bestehen. Während man bei der Bewerbung für eine betriebliche Ausbildung meist keinen bestimmten Schulabschluss mitbringen muss, ist der Zugang zu vielen Berufsfachschulen je nach Ausbildungsziel an unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen gebunden. Fast überall wird zwischen der 1-jährigen und der 2-jährigen Berufsfachschule (1BFS bzw. 2BFS) unterschieden.
Während für die 1BFS ein Hauptschulabschluss oft keine zwingende Voraussetzung ist, muss für die 2-jährige Berufsfachschule in der Regel mindestens ein Hauptschulabschluss oder ein gleichwertiger Abschluss (z. B. Berufseinstiegsjahr) nachgewiesen werden. Wie erwähnt, können sich die Voraussetzungen je nach Bundesland unterscheiden.
So muss man in Baden-Württemberg etwa den Nachweis über eine Ausbildungsplatzzusage oder einen Ausbildungsvertrag für eine praktische Ausbildung im Handwerk erbringen. Die notwendigen praktischen Kenntnisse werden beispielsweise in Schulwerkstätten vermittelt, aber auch Praxisabschnitte im späteren Ausbildungsbetrieb sind möglich.
Möglichkeiten der Berufsfachschule
Ziel der Berufsfachschule ist eine Vorbereitung auf die spätere duale Ausbildung. Der erfolgreiche Abschluss der 1BFS ermöglicht dann den Einstieg im Betrieb ab dem zweiten Ausbildungsjahr. Bei der zweijährigen Berufsfachschule erwirbt man einen Fachschulabschluss, welcher der Mittleren Reife entspricht. Sofern anschließend eine duale Ausbildung in derselben Fachrichtung angestrebt wird, kann der Besuch des 2BFS als erstes Ausbildungsjahr angerechnet werden.
Die zweijährige Berufsfachschule ist also eine weiterführende Vollzeitschulform, die insbesondere für Hauptschüler interessant ist, die einen mittleren Abschluss mit schwerpunktbezogener Fokussierung auf eine bestimmte Fachrichtung anstreben.
Wer danach nicht direkt in einen Ausbildungsberuf wechselt, kann mit dem Abschluss die weiterführende Fachoberschule oder das Berufliche Gymnasium besuchen. Außerdem gibt es beispielsweise in Hessen die sogenannte zweijährige höhere Berufsfachschule, die sich an Schülerinnen und Schüler mit mittlerem Abschluss richtet.
Absolventen der zweijährigen höheren Berufsfachschule können nach erfolgreicher Abschlussprüfung direkt ins Berufsleben einsteigen. Diese vollschulische Ausbildung beinhaltet ein vierwöchiges Praktikum und ist somit eine vollwertige Alternative zur klassischen dualen Ausbildung.
Berufsfachschule mit Berufsabschluss
Der Besuch einer Berufsfachschule mit vollwertigem Berufsabschluss ist beispielsweise in vielen sozialen und handwerklichen Berufen möglich, aber auch in solchen mit vorwiegend kreativen Anteilen. Zugangsvoraussetzung ist mindestens ein Hauptschulabschluss sowie die erfolgreiche Teilnahme an einem Auswahlverfahren. Abhängig vom gewählten Ausbildungsberuf dauert die Ausbildung zwei bis dreieinhalb Jahre und erfolgt in Vollzeitform.
Weitere Optionen sind der Übergang in einer weiterführende berufliche Schulform, wie etwa in das Berufliche Gymnasium, eine Fachschule oder eine Fachoberschule. Bundesweit gibt es mehr als 2500 Berufsfachschulen, die überwiegend in Vollzeitmodellen unterrichten. Sie unterschieden sich vom Besuch einer normalen Berufsschule insofern, als hier nicht nur theoretische, sondern auch praktische Lerninhalte vermittelt werden.
Kürzere Ausbildungsgänge haben ein teilqualifizierendes Ergebnis, das für die Verkürzung von Ausbildungsgängen genutzt werden kann. Für die Ausbildung an einer Berufsfachschule bewerben sich Interessenten für viele Berufe.
Eine kleine Auswahl der gängigsten Berufsziele:
- Physiotherapeut
- Masseur
- Musiker
- gestaltender Künstler
- Mediengestalter
- Goldschmied
- Dolmetscher
- Wirtschaftsprüfer
- technischer Assistent
- Erzieher und andere soziale Berufe
Viele private Anbieter unter den Berufsfachschulen bieten zudem eine eingehende Beratung und Begleitung für die weiterführenden Ausbildungschancen, Praktika im Ausland oder die Frage der Finanzierung einer privaten Ausbildung an der Berufsfachschule. Insbesondere für das Sammeln von Erfahrungen im Ausland kann dies hilfreich sein. Anbieter wie die WBS-Schulen sind für solche Angebote besonders bekannt und in der Regel auch als Träger für die Förderung der beruflichen Weiterbildung zugelassen. Je nach Bundesland sind über solche Anbieter auch Umschulungen möglich.
Die Berufsfachschule ist keine Berufsakademie
Manchmal wird der Begriff der Berufsfachschule falsch verwendet oder nicht richtig verstanden. Verwechslungsgefahr besteht regelmäßig mit den Fachschulen für berufliche Weiterbildung. Für den Besuch einer solchen Fachschule ist jedoch eine abgeschlossene Berufsausbildung Voraussetzung. Ebenfalls nichts mit der Berufsfachschule zu tun haben sogenannte Fachakademien, die der Weiterbildung für eine gehobene Laufbahn in einem bestimmten Beruf dienen.
Wer eine solche Akademie besucht, benötigt normalerweise die Hochschulreife, da der Abschluss dort zur Absolvierung eines dualen Studiums qualifiziert. Dual oder schulisch ist sowohl beim Studium als auch bei der normalen Berufsausbildung eine häufig gestellte Gretchenfrage.
Als Berufseinsteiger muss man die Vor- und Nachteile dieser Ausbildungsformen kennen. Deswegen wollen wir kurz darauf eingehen. Hat man endlich einen Ausbildungsberuf oder Studiengang gefunden, in den man einsteigen möchte, ist der richtige Weg nicht für jeden der gleiche. Die duale Ausbildung bedeutet, dass man als Auszubildender quasi an zwei Lernorten parallel unterrichtet wird.
Im Ausbildungsbetrieb werden weitgehend die praktischen Erfahrungen und Fertigkeiten vermittelt, während die Berufsschule das theoretische Wissen vertieft. Während der dualen Ausbildung bekommt man in der Regel bereits eine Ausbildungsvergütung gezahlt.
Der rechtliche Rahmen für die duale Ausbildung wird bundesweit durch die Handwerksordnung und das Berufsbildungsgesetz gesteckt. Bei der rein schulischen Ausbildung (also etwa beim Besuch einer Berufsfachschule) steht das theoretische Wissen im Vordergrund. Allerdings ist nicht alles bloß graue Theorie bei der schulischen Ausbildung, denn auch an der Berufsfachschule gibt es praktische Abschnitte, die entweder in einer Schulwerkstatt oder auch über Praktika in Betrieben absolviert werden. Gerade im Bereich der Pflegeberufe arbeiten Berufsfachschulen häufig eng mit Krankenhäusern zusammen, um die praktischen Fertigkeiten zu vermitteln.
Trotzdem gibt es gerade im Handwerk Ausbildungsgänge, die unter dem Mangel an praktischer Ausbildung an der Berufsfachschule leiden können. Ein großer Unterschied zur dualen Ausbildung liegt darin, dass man bei der Ausbildung in der Berufsfachschule keine Vergütung erhält.
Im Gegenteil: Je nach gewähltem Beruf und der Frage, ob man eine staatliche oder private Berufsfachschule besucht, muss man noch Geld mitbringen. Allerdings verkürzt sich mit dem erfolgreichen Abschluss der Berufsfachschule normalerweise die Ausbildungszeit oder endet mit einem gleichwertigen Berufsabschluss, sodass der Einstieg in die voll bezahlte Berufswelt anschließend schneller vonstatten geht.
Vorteile der Berufsfachschule:
- Verkürzung der Berufsausbildungszeit
- Gute Qualifikationen und Vermittlung theoretischer Inhalte
- intensive Vollzeitausbildung
- Qualifikationen (je nach Ausbildungsgang) ermöglichen Besuch weiterführender Schulen oder den direkten Einstieg ins Berufsleben
Nachteile der Berufsfachschule:
- Vollzeitschule ohne Ausbildungsvergütung
- je nach Ausbildungsgang muss evtl. Schulgeld gezahlt werden
- private Berufsfachschulen bieten nicht immer staatlich anerkannte Abschlüsse
- es wird im Gegensatz zur dualen Ausbildung noch kein Geld verdient
- Schwerpunkt auf theoretischer Ausbildung kann praktische Aspekte vernachlässigen
Stipendien an Berufsfachschulen sind die Ausnahme
Wie beim Studium an einer Universität kann man auch an einer Berufsfachschule unter Umständen ein Stipendium beantragen. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn man einen Ausbildungsgang gewählt hat, bei dem man die Kosten für die Schule selbst tragen muss. Allerdings steht die Möglichkeit für ein Stipendium in der Regel nur Abiturienten offen, die einen besonders guten Schulabschluss vorweisen können.
Wer ein solches Stipendium erhält, hat es sehr viel leichter, die Kosten für die Berufsfachschule neben den Lebenshaltungskosten zu bestreiten. Für fast alle Schüler von Berufsfachschulen besteht jedoch die Möglichkeit, BAföG-Leistungen zu beantragen. Achtung: Bei manchen privaten Berufsfachschulen ist dies nicht möglich, diese Frage sollte also bei der Auswahl der Schule unbedingt berücksichtigt werden, wenn die Finanzierung ein Problem darstellt.
Wie sieht der Abschluss der Berufsfachschule aus?
Generell erwirbt man mit dem erfolgreichen Besuch einer staatlichen Berufsfachschule einen staatlich anerkannten Abschluss. Dieser ist bundeseinheitlich durch das Berufsbildungsgesetz geregelt und wird dementsprechend überall anerkannt. Unterschiede gibt es bisweilen durch unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen in den jeweiligen Bundesländern, die sich auch in den Zugangsvoraussetzungen (wie weiter oben bereits erwähnt) bemerkbar machen.
Besondere Aufmerksamkeit ist beim Besuch privater Berufsfachschulen geboten, denn diese schließt man lediglich mit einem sogenannten Bildungszertifikat ab, das nicht automatisch überall anerkannt wird.
Bevor man sich für eine solche Schule entscheidet, sollte man also genau wissen, inwiefern dieses Bildungszertifikat für das spätere Berufsleben von Wert ist. Je nachdem, ob man das 1BFS oder 2BFS besucht (und in welchem Bundesland man das tut), hat man bei entsprechenden Qualifikationen zudem die Möglichkeit, weiterführende Schulen oder Studiengänge zu absolvieren. Man muss also nicht unbedingt sofort in einen Beruf einsteigen, wenn man die Berufsfachschule besucht hat.
Fazit: Berufsfachschulen sind eine interessante Alternative
Die duale Ausbildung hat ihre Vorteile, denn man bekommt sofort eine Ausbildungsvergütung und kann in der Regel ohne einen bestimmten Schulabschluss eine Ausbildung beginnen. Jedenfalls in der Theorie. Obwohl rechtlich oft kein Schulabschluss vorgegeben ist, wünschen Ausbildungsbetriebe meistens Bewerber mit guten Qualifikationen.
Je nachdem, ob man über einen Haupt- oder Realschulabschluss verfügt, kann man über eine Berufsfachschule im gewünschten Beruf die notwendigen Kenntnisse erwerben, um die Ausbildungszeit zu verkürzen.
Dafür wird man zwar nicht bezahlt, sondern muss oft sogar noch Schulgeld mitbringen, kann aber dann später schneller ins voll bezahlte Berufsleben einsteigen. Wichtig ist, bei privaten Anbietern sicherzustellen, dass das Bildungszertifikat der Berufsfachschule für die spätere Berufslaufbahn auch wirklich anerkannt wird. Bei den staatlichen Anbietern hat man das Problem nicht, allerdings gibt es je nach Bundesland unterschiedliche Anforderungen und Abschlüsse.
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