Führungskompetenz setzt sich zusammen aus einem Bündel von charakterlichen Eigenschaften und erworbenen Fähigkeiten, mit denen Mitarbeiter motiviert werden, Ziele innerhalb eines Zeitrahmens zu erreichen.
Führungskompetenz: Welche Persönlichkeitsmerkmale zeichnen einen Leader aus?
Für den Erfolg des Unternehmens ist es sehr wichtig, dass die Führungskräfte in der Lage sind, die Mitarbeiter zu motivieren und ihr Potenzial möglichst auszuschöpfen. Von der motivierten Zusammenarbeit hängt ab, ob der Erfolgsfaktor Personal genutzt wird und sich die Firma somit von der Konkurrenz differenzieren kann.
Die Mitarbeiterführung gehört zu den komplexesten Aufgaben innerhalb eines Unternehmens, denn die Führungskraft muss sich nicht nur an den zu erledigenden Aufgaben orientieren, sondern sich auch individuell auf die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Angestellten einstellen.
Erfolgreiche Führungskräfte zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihre Führungsstile an die verschiedenen Bedürfnisse anpassen, über Empathie verfügen und Konflikte produktiv bewältigen. Es stellt sich die Frage, welche Führungsstile generell geeigneter sind und ob eine moderne oder eher eine klassische Auffassung der Führungsaufgabe erfolgsversprechender ist.
Vor welchen Herausforderungen stehen Führungskräfte?
Eine Umfrage des Instituts für Beschäftigung und Employability ergab, dass Führungskräfte folgende Themen als besondere Herausforderungen betrachten:
- 72 Prozent: Managen von umfassenden Veränderungen (Digitale Transformation, Restrukturierung)
- 52 Prozent: wachsende Komplexität
- 44 Prozent: Ausfüllen der Vorbildfunktion
Bei der gleichen Umfrage gaben die Befragten an, den Herausforderungen nicht gewachsen zu sein, weil:
- die Zeit dazu fehlt (79 Prozent)
- es schwer fällt, die Kontrolle zu reduzieren (55 Prozent)
- die Ergebnisorientierung fehlt und nur Anwesenheit gefragt ist (48 Prozent)
Gleichzeitig gaben die Führungskräfte an, dass es immer wichtiger wird, die Belegschaft zu einer aktiven Mitarbeit zu motivieren. 71 Prozent der Manager wollen das durch eine verbesserte Feedback-Kultur erreichen. 68 Prozent nehmen sich vor, mehr für die Mitarbeitermotivation zu tun und 66 Prozent planen, Entwicklungsmöglichkeiten anzubieten.
Laut dieser Selbsteinschätzung ist Sozialkompetenz mit 70 Prozent die wichtigste Determinante der Führungskompetenz. Fachwissen erreicht nur einen Wert von sieben Prozent und spielt somit eine untergeordnete Rolle, wenn es darum geht, Führungskompetenz zu beurteilen.
Video: „Chefsache Kopf“ – mit mentaler und emotionaler Stärke zu mehr Führungskompetenz – Antje Heimsoeth
Kann man Führungskompetenz erlernen?
Wie bei allen anderen Fähigkeiten, gibt es sicherlich auch im Hinblick auf die Führungskompetenz Naturtalente, denen die Fähigkeit, Menschen zu begeistern, in die Wiege gelegt wurde. Empathie, Verhandlungsgeschick und Menschenkenntnis sind grundlegende Persönlichkeitsmerkmale, die es erleichtern, Führungskompetenz zu entwickeln. Doch es ist ebenso möglich, an den entsprechenden Fähigkeiten zu arbeiten und auf diese Weise Führungskompetenz aufzubauen.
Welche Defizite es in deutschen Unternehmen im Hinblick auf die Führungskompetenz gibt, zeigt die renommierte Gallup Studie, die den Gallup Engagement Index 2018 berechnet hat. Die Gallup Studie ist die größte sozioökonomische Studie, welche die Arbeitsplatzqualität thematisiert.
Leider sind die Ergebnisse nicht ermutigend:
- 70 Prozent der Arbeitnehmer bezeichnen die emotionale Bindung zu ihrem Unternehmen als gering
- Lediglich 20 Prozent geben an, von Vorgesetzten motiviert zu werden
- 15 Prozent haben innerlich gekündigt
- 105 Milliarden Euro pro Jahr kosten Kündigungen aufgrund mangelhafter Führungskompetenz
- Die Führungskräfte lässt das unbeeindruckt: 97 Prozent empfinden sich als gute Leader
Die Gallup-Studie erklärt auch, warum ein solch eklatanter Unterschied zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung besteht. Nur 40 Prozent alle befragten Führungskräfte nahmen an Fortbildungsveranstaltungen zum Thema Mitarbeiterführung teil. Die überwiegende Mehrheit geht davon aus, dass Führungskompetenz sich aus der Tatsache, eine Führungskraft zu sein, ableitet.
Führungskompetenz als Element der Soft Skills
Im Modell des Soft Skills Würfels beansprucht die Führungskompetenz eine Seite des Würfels und wird wiederum in neun verschiedene Persönlichkeitsmerkmale oder Kompetenzen aufgeteilt:
- Überzeugungsvermögen/Verhandlungsgeschick
- Präsentationskompetenz
- Konfliktkompetenz
- Zeitmanagementkompetenz
- Kritikkompetenz
- Delegationskompetenz
- Systemisches Denken
- Entscheidungsstärke
- Motivationstalent
Alle Persönlichkeitsmerkmale sind wichtig, um Mitarbeiter zu motivieren, Entscheidungen zu treffen und Maßnahmen durchzusetzen. Besonders relevant ist die Delegationskompetenz, denn Führungskräfte müssen ein vielfältiges Aufgabenpensum bewältigen und ohne die Fähigkeit zur Delegation fehlt die Zeit für kreative Aufgaben und dafür, die Entwicklung des Unternehmens perspektivisch voranzutreiben.
Führungsstile im Wandel: Wie verändert sich die Mitarbeiterführung?
Führungsstile verändern sich im Laufe der Zeit ebenso, wie sich die Gesellschaft verändert. War vor 50 Jahren ein autoritärer Führungsstil üblich, ist dieser mittlerweile nicht mehr geeignet, um Mitarbeiter zu positiven Leistungsbeiträgen zu motivieren. Dementsprechend verändert sich auch das Verständnis von Führungskompetenz.
Die klassisch-hierarchische Führung, die immer noch vereinzelt praktiziert wird, weist Schwachstellen auf und ist insbesondere nicht geeignet, um junge Teammitglieder der Generation Z zu motivieren und ans Unternehmen zu binden. Diese Führung, die nach dem Motto „Command and Control“ vorgeht, wirkt demotivierend und somit kontraproduktiv. Fachkräftemangel und demografischer Wandel erfordern, sich wesentlich stärker um Mitarbeiter zu bemühen und dieser Perspektivewechsel hat einen entscheidenden Einfluss darauf, welche Persönlichkeitsmerkmale Führungskräfte benötigen.
Führungskräfte müssen sich daran orientieren, welche Fähigkeiten die Mitarbeiter mitbringen und welche explizit gefördert werden sollen. Um im dynamischen Wettbewerb zu bestehen, benötigen Unternehmen eine Belegschaft, die sich den Herausforderungen der Globalisierung, Digitalisierung und stärkerer Kundenorientierung stellt.
Agilität, Engagement und Innovationsfähigkeit sind wichtige Fähigkeiten, die bei den Angestellten gefördert werden müssen. Es gilt, die Belegschaft angemessen an Entscheidungen teilhaben zu lassen, sodass das Wissen und die Potenziale optimal genutzt werden. Dies ist nur mit einem partizipativen Führungsstil sowie der Delegation von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung möglich.
Tipps zur Verbesserung der Führungskompetenz
Sicherlich verfügen manchen Menschen über eine besondere Führungskompetenz, die aus ihren Persönlichkeitsmerkmalen resultiert. Es ist jedoch ebenfalls möglich, an den Soft Skills zu arbeiten, die einen erfolgreichen Leader auszeichnen. Außerdem sollte die Fähigkeit zur Mitarbeiterführung permanent weiterentwickelt werden, denn auch die Menschen, die zu führen sind, verändern sich.
Aufgrund des technologischen Fortschritts kann man junge Arbeitnehmer heutzutage kaum mit der vorigen Generation vergleichen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Entwicklung anhalten wird. Eine gute Führungskraft arbeitet somit ständig daran, sich zu verbessern.
Die folgenden fünf Tipps dienen der Maximierung von Führungskompetenz:
- Gezielte Verbesserung der Soft Skills
- Optimierung der Fragetechniken
- Stärkung der Entscheidungsfähigkeit
- Steigerung der Empathie
- Aktivierung der Inspiration
1. Gezielte Verbesserung der Soft Skills
Führungskräfte sollten ihr Team motivieren, die Arbeit eigenständig zu organisieren und dafür den Soft-Skills-orientierten Führungsansatz verfolgen. Seminare und Coachings bieten Möglichkeiten, gezielt an den Soft Skills zu arbeiten, indem beispielsweise Argumentationstechniken trainiert, Konfliktlösungsmethoden geübt und die Umsetzungskompetenz gesteigert werden. Das Angebot an Weiterbildungsmaßnahmen in diesem Bereich ist groß, sodass man gezielt an seinen Defiziten arbeiten kann.
Video: Bessere Entscheidungen treffen mit diesen 5 Tipps
2. Optimierung der Fragetechniken
Kommunikation ist ein Kernelement der Führung. Mit Hilfe der systemischen Fragetechniken ist es möglich, festgefahrene Situationen zu lösen und neue Einsichten zu generieren. Systemische Fragen zielen nicht darauf ab, dass der Betroffene sofort eine Lösung erhält, sondern dass neue Denkprozesse angestoßen werden. Ziel ist es, dem Angestellten zu ermöglichen, selbst eine Lösung zu finden.
Bei dieser Vorgehensweise profitieren die Vorgesetzten von den Perspektiven und Ideen der Angestellten und vermeiden gleichzeitig, dass diese jedes Problem abwälzen. Systemische Fragen zielen darauf ab, das Unternehmen als System zu betrachten, innerhalb dessen nach Lösungen gesucht wird.
3. Stärkung der Entscheidungsfähigkeit
Die Entscheidungsfähigkeit hängt direkt mit der Umsetzungskompetenz zusammen und ist deshalb ein wichtiger Bereich, der gezielt gestärkt werden sollte. Führungskräfte, die sich scheuen, Entscheidungen zu treffen, werden als schwach wahrgenommen und hemmen die Entwicklung des Unternehmens. Aus diesem Grund ist die Entscheidungsfreudigkeit gerade in innovativen Unternehmen eines der wichtigsten Kriterien, die über die Einstellung entscheiden.
Oft reicht es aus, die Entscheidungskomplexität zu reduzieren und sich die Notwendigkeit bewusst zu machen, schneller zu agieren. Darüber hinaus hilft es, Entscheidungsbefugnisse zu delegieren.
Video: Scobel- Sind Empathie und Mitgefühl lernbar? – Psychologin und Neurowissenschaftlerin Tania Singer
4. Steigerung der Empathie
Um die Beziehungen zu den Angestellten zu verbessern, bedarf es eines hohes Maßes an Empathie. Grundlage des Verhältnisses sollten Achtsamkeit und Wertschätzung sein, sodass mit der Kommunikation die Beziehung gefördert wird.
Die positiven Folgen eines empathischen Führungsstil sind enorm:
- Verbundenheit
- Respekt
- Aufbau von Vertrauen
- Demonstration von Authentizität
- Zeigen von Wertschätzung
Eine Möglichkeit, Empathie zu verbessern, ist sich bewusst Zeit für einzelne Angestellte zu nehmen, indem man vielleicht gemeinsam statt in die Kantine in einem Restaurant in der Nähe die Mittagspause verbringt. Bei dieser Gelegenheit sollte man Interesse für berufliche, aber auch für private Angelegenheiten zeigen. Die vertrauensvolle Übertragung besonderer Aufgaben ist ebenfalls eine Möglichkeit, einen empathischen Führungsstil zu praktizieren.
5. Aktivierung der Inspiration
Nur wer über eine Vision verfügt, kann sein Team begeistern, den Sinn der Aufgaben vermitteln, inspirieren und somit zu besseren Leistungen und mehr Einsatz motivieren. Inspiration folgt aus einem ambitionierten Ziel, das vom gesamten Team geteilt wird und die intrinsische Motivation weckt. Mitarbeitergespräche, bei denen thematisiert wird, welche Aufgaben zur Realisierung der Vision beitragen, sind eine Möglichkeit, die Inspiration zu aktivieren.
Video: Soft Skills: Kommunikationsgeschick entwickeln
Führungserfolg hängt von den Soft Skills ab
Ob eine Führungskraft als kompetent bewertet wird und sich der gewünschte Führungserfolg einstellt, hängt im Wesentlichen von den Soft Skills und nur marginal vom Fach- oder Methodenwissen ab. Die Gestaltung der Beziehung zu den Angestellten und die Vermittlung von Visionen sowie die Art und Weise, wie Konflikte gehandhabt werden, sind entscheidend. Insofern zielt eine Verbesserung der Führungskompetenz meist auf eine Verbesserung der Soft Skills ab.
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