Der Mindestlohn soll Arbeitnehmer davor schützen, ausgebeutet zu werden. Bislang galt er in verschiedenen Branchen in unterschiedlicher Höhe, jetzt ist der geringstmögliche Lohn branchenunabhängig vom Arbeitgeber zu zahlen.
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Der Mindestlohn in Deutschland: Schon lange Begleiter der Arbeitgeber
In den vergangenen Monaten ging es in den Medien recht öffentlichkeitswirksam um den Mindestlohn. Mehr sprach dafür als dagegen und so wurde seine Anhebung mehrheitlich beschlossen. Dabei gab es die Diskussionen rund um den Mindestlohn als Schutz vor Ausbeutung bereits vor einigen Jahren. Mit dem Ergebnis, dass zum 16. August 2014 das Mindestlohngesetz wirksam wurde und zum 1. Januar 2015 in Kraft trat. Aktuell beträgt das Mindestentgelt 10,45 Euro in der Stunde (Stand: Juli 2022).
Die wichtigsten Eckdaten zum Mindestentgelt (Video)
Der Mindestlohn wurde bereits zum Jahr 2015 eingeführt und gilt mittlerweile allgemein. Bisher ausgenommene Branchen sind nun enthalten bzw. wurde die Lohngrenze für alle Branchen gleich gesetzt. Wie hoch die Lohnuntergrenze jeweils sein darf, wird von den Arbeitgebern und Gewerkschaften entschieden. In der Regel gibt es alle zwei Jahre eine neue Entscheidung über die Mindestlohnhöhe, in 2022 wird der Lohn jedoch gleich dreimal angehoben. Er soll noch im Oktober auf 12 Euro in der Stunde steigen, nachdem er zum Juli letztmalig angehoben worden war.
Wichtig zu wissen: Als Mindestlohn wird der Lohn bezeichnet, der mindestens gezahlt werden muss. Arbeitgeber dürfen Arbeitnehmer nicht für weniger Geld beschäftigen. Die entsprechenden Regelungen dazu wurden durch den Staat sowie durch die an der Diskussion beteiligten Tarifparteien beschlossen.
Es gibt allerdings verschiedene Ausformungen dazu. Zum einen wird das Mindestentgelt als monatlich zu zahlender Lohn verstanden, zum anderen ist es möglich, die gesetzlichen Regelungen auf den Stundensatz umzulegen. Möglich wäre auch, dass sich der Lohn an die Entwicklung der Preise und allgemeinen Löhne anpasst, wenn der Gesetzgeber bzw. eine Kommission nichts anderes beschließt.
Gründe für die Einführung der Mindestlohnzahlungen sind unter anderem:
- Arbeitnehmer sollen vor Lohndumping und Ausbeutung geschützt werden
- Armut soll bekämpft werden
Vor allem der zweite Grund wird häufig weniger beachtet bzw. ist sogar unbekannt. Viele Menschen gehen zwar arbeiten und sind demzufolge als Lohn- oder Gehaltsempfänger tätig. Dennoch reicht das verdiente Geld zum Leben nicht aus. Sie leben trotz Arbeitsentgelt in Armut. Mit dem Mindestlohn soll das verhindert werden.
An dieser Stelle gibt es aber bereits den ersten Kritikpunkt: Angesichts der hohen Inflation kann auch das Mindestlohngesetz nichts daran ändern, dass am Ende des Monats zu wenig Geld übrig ist.
Betroffene sollen zwar in der Lage sein, dank des Mindestentgelts ihr Leben ohne staatliche Zuschüsse zu meistern, dies ist in der Realität aber nicht möglich. Bei den Beschlüssen wird selten eine Ausnahmesituation berücksichtigt und genau diese liegt in 2022 vor. Das Mindestentgelt dürfte für Betroffene somit wieder nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein, die Unternehmen in Deutschland werden aber zunehmend mit hohen Lohnzahlungen belastet.
Video: Bundestag beschließt Erhöhung des Mindestlohns zum 1. Oktober
Das sagt das Gesetz
Die gesetzlichen Regelungen sind seit 2014 gültig. Sie besagen, dass jeder Arbeitnehmer in Deutschland Anspruch auf die Mindestlohnzahlungen hat, den der Arbeitgeber zu zahlen hat. Außerdem kann die Höhe des Mindestlohns durch einen Vorschlag und Beschluss der ständigen Kommission der beteiligten Tarifpartner geändert werden, wenn eine entsprechende Rechtsverordnung der Bundesregierung vorliegt.
Das Mindestlohngesetz ist allgemeingültig, doch es gab lange Zeit einige Sonderbestimmungen. Ein Beispiel: Regelungen, die durch das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sowie das Arbeitnehmer-Entsendegesetz getroffen wurden, waren gegenüber dem Mindestentgelt als vorrangig zu betrachten. Hierbei gab es Branchenmindestlöhne zu beachten, die dem gesetzlichen Mindestentgelt gegenüberstanden.
Diese Branchenmindestlöhne durften noch bis Ende 2017 niedriger sein als das beschlossene Mindestentgelt für alle anderen. Allerdings musste dafür der zugrunde liegende Tarifvertrag per Rechtsordnung als allgemeinverbindlich erklärt worden sein. Seit dem Jahr 2018 gibt es jedoch eine deutschlandweit einheitliche Regelung, die besagt, dass das Mindestentgelt in jeder Branche gleich sein muss.
Für die Kontrolle der gesetzlichen Vorgaben gibt es die „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ der Zollverwaltung. Der Arbeitgeber unterliegt bestimmten Dokumentations- und Meldepflichten, um die Einhaltung der Regelungen nachweisbar zu machen.
Die Mindestlohnzahlungen in der Praxis
Arbeitgeber in Deutschland stöhnen unter der Last der Auflagen, die sie zu erfüllen haben. Doch der Staat musste auch den Arbeitnehmern unter die Arme greifen, die vor Lohndumping geschützt werden sollen. Ein Vergleich der Anhebung der Arbeitsentgelte mit der Anhebung der Preise für Lebensmittel und Kraftstoffe zeigt jedoch, dass auch das Mindestlohngesetz nicht gänzlich gegen Armut wirken kann. Nachdem die Mindestlohnhöhe zum Juli 2022 angepasst wurde, können die deutlich stärker gestiegenen Preise jedoch immer noch nicht wirklich aufgefangen werden.
So wird der Mindestlohn berechnet
Die genaue Anzahl der Arbeitsstunden ist wichtig, um das Mindestentgelt berechnen zu können. Zu nutzen sind verschiedene Tools, die es zahlreich und kostenfrei im Internet gibt. Mit ihnen kann das Mindestentgelt ganz einfach berechnet werden. Berechnet wird der Lohn aus der Anzahl der durchschnittlichen Arbeitsstunden, die mit dem aktuell geltenden Mindestlohnsatz von 10,45 Euro multipliziert werden.
Wer beispielsweise 20 Stunden in der Woche und damit 80 Stunden im Monat arbeitet, kann mit einem Lohn von mindestens 836 Euro rechnen. Wichtig: Der Arbeitgeber kann natürlich mehr bezahlen, er darf lediglich die genannte Grenze nicht unterschreiten.
Immer noch bestehende Ausnahmen (Video)
Auch wenn der Mindestlohn inzwischen flächendeckend und unabhängig von bestimmten Branchen eingeführt worden ist, gelten immer noch Ausnahmen. Minderjährige haben keinen Anspruch auf die Zahlung eines Mindestentgelts. Dieses könnte zum Beispiel bei Praktika oder einer Ferienarbeit relevant sein. Auch für Auszubildende gilt der Mindestlohn nicht.
Bei ihnen zeigt zwar ein Vergleich, dass sie mitunter mehr arbeiten als ein Teilzeitbeschäftigter und vor allem im dritten Lehrjahr wirkliche Leistungsträger im Unternehmen sein können. Dennoch haben sie nur Anspruch auf das Ausbildungsentgelt und nicht auf das mindestens zu zahlende Entgelt.
Praktikanten, die sich im freiwilligen Orientierungspraktikum oder im Pflichtpraktikum befinden, können ebenfalls kein Mindestentgelt beanspruchen. Ehrenamtliche und Langzeitarbeitslose, die seit mindestens einem Jahr bei der Agentur für Arbeit als solche gemeldet sind, sind von den Mindestlohnregelungen ausgenommen.
Der Grund, warum Praktika von der Mindestlohnzahlung ausgenommen sind, ist rasch erklärt. Es geht hierbei um ein Bildungsverhältnis, welches mit dem anstellenden Unternehmen besteht. Dieses wiederum zählt nicht als Arbeitsverhältnis und nur für ein solches gibt es die gesetzlichen Regelungen und das Mindestlohngesetz.
Insofern profitieren die genannten Personengruppen auch nicht von einer Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro.
Wichtig: Das Mindestentgelt muss Praktikanten aber gezahlt werden, wenn deren Praktikum länger als drei Monate dauert. Das Mindestentgelt gilt hier ab dem ersten Arbeitstag.
Video: 12 Euro Mindestlohn – Die Auswirkungen | hessenschau
Wie sinnvoll ist das Mindestentgelt?
Das Mindestlohngesetz soll Arbeitnehmer davor schützen, ausgebeutet zu werden. Doch es gibt auch Kritik an diesen Regelungen. Unternehmen sehen in den verlangten Mehrzahlungen eine hohe Belastung, die sie an ihre Kunden weitergeben müssen.
Immerhin steigen die Lohnkosten in einem Maße, das noch vor wenigen Jahren nicht abzusehen war. Dies wiederum bewirkt enorm gestiegene Kosten für Verbraucher, zu denen die Angestellten, die Mindestlöhne beziehen, ebenfalls zählen. Sie bekommen damit mehr Geld, müssen aber gleichzeitig höhere Kosten stemmen.
Zudem sehen vor allem Produktionsbetriebe die Mindestlohnregelungen sehr skeptisch. Ein Vergleich zeigt hier, dass zwar die Löhne steigen, nicht aber die Produktivität. Die Mitarbeiter, die nun besser entlohnt werden, arbeiten nicht zwangsläufig mehr, sodass auch die Umsätze für das Unternehmen steigen würden.
Folglich hat dieses nur höhere Kosten, die es anderweitig auffangen muss. Es droht der Wegfall von Arbeitsplätzen, wenn dies die einzige Möglichkeit darstellt, die Lohnkosten wieder zu senken. Bislang wurde diese Kritik seitens der Bundesregierung immer beiseite gewischt, sodass abzuwarten bleibt, ob die geschilderte Situation eintreten wird oder nicht.