Wie viel mehr Geld bekommen Mitarbeiter im Einzelhandel? Die Unterschiede zwischen Branchen und Bundesländern sind hoch. Der Tarifvertrag im Einzelhandel und seine grundsätzlichen Ergebnisse zeigt die aktuelle Gehaltstabelle 2018/2019.
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Tarifvertrag Einzelhandel: Ein Gehaltsplus für viele Mitarbeiter?
Der Tarifvertrag im Einzelhandel steht und viele Angestellte im Land profitieren von Lohnerhöhungen. Im Einzelnen steigt der Lohn um 2,3 Prozent im Jahre 2017 sowie um 2 Prozent im April 2018.
Eine kleine Sonderzahlung von 50 Euro für Vollzeitkräfte sowie um 25 Euro für Auszubildende runden die Ergebnisse ab. Die Laufzeit beträgt insgesamt 24 Monate, im Jahre 2019 stehen neue Tarifverhandlungen und einige Monate später wohl auch der neue Tarifvertrag im Einzelhandel.
Resultate für Mitarbeiter wenig zufriedenstellend
Trotz Boom am Arbeitsmarkt gab es eine eher geringe Erhöhung der Löhne. Vor allem im Vergleich zu Branchen wie der Metallindustrie, welche neben einem Gehaltsplus noch attraktive Sonderregelungen zur Arbeitszeit beschlossen hat. Klar ist, dass es große Lohnunterschiede in der Bezahlung gibt. Aber auch hier muss differenziert werden, weil zum Beispiel im Osten in der Regel eine Stunde länger gearbeitet wird.
Tarifvertrag Einzelhandel: Keine bundeseinheitliche Regelung, aber im Prinzip gleiche Lohnabschlüsse (Video)
Insgesamt ist der Einzelhandel keine Branche, wo hohe Löhne gezahlt werden. Außerdem gibt es regionale Unterschiede und keinen komplett einheitlichen bundesweit verbindlichen Tarifvertrag im Einzelhandel.
Beschäftigte sollten sich einzelne Abschlüsse in den Ländern genauer anschauen. Lediglich Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt haben überhaupt einen gemeinsamen Tarifvertrag. Aber: Die Eckpunkte und auch die grundsätzlichen Lohnerhöhungen werden von jedem Bundesland prinzipiell übernommen, so dass Beschäftigte in der Tarifbindung Klarheit über ihren zukünftigen Lohn haben.
Video: Streik gegen Tarifflucht bei real
Mangelnde Tarifbindung Problem für Gewerkschaften und viele Mitarbeiter
Die Tarifbindung ist aber ein zentrales Problem der Branche. Die Branche ist riesig, es zählen Bäcker, Buchhändler oder die Kassiererin im Supermarkt dazu. Und auch die Entlohnung unterscheidet sich deutlich. Und zwar sowohl innerhalb der Einzelhandelsbranche wie auch bei Mitarbeitern, die einer Tarifbindung unterliegen und solche, deren Arbeitgeber nicht den vereinbarten Tarifvertrag im Einzelhandel übernimmt. Ein solcher Vertrag ist deshalb nur für Mitarbeiter in der Tarifbindung verbindlich.
Tarifbindung Einzelhandel: Nur relativ wenige Mitarbeiter in der Tarifbindung
Das ist problematisch, weil momentan nur etwa 30 bis 40 Prozent aller Beschäftigten im Einzelhandel in der Tarifbindung sind. In den östlichen Bundesländern liegt die Quote noch darunter. Aber auch im Westen scheint es immer stärker zu einer Tarifflucht zu kommen. Folge: Die im Tarifvertrag Einzelhandel ausgehandelten Vereinbarungen müssen gar nicht umgesetzt werden.
Was noch schlimmer ist: Die Löhne liegen um ein Drittel unter denen von Mitarbeitern in der Tarifbindung. Auch deshalb wünscht sich die Gewerkschaft Verdi Regelungen, die in ganz Deutschland Gültigkeit besitzen und so auch für alle Arbeitnehmer gelten. Indem viele Einzelhändler sich den vereinbarten Tarifen verweigern, sorgen sie dafür dass Arbeitnehmer nur wenig von Lohnerhöhungen profitieren. Das ist dann für Beschäftigte manchmal eine Frage des Verhandlungsgeschicks. So ist es wenig verwunderlich, dass die Einzelhandelslöhne im durchschnittlichen Vergleich zum unteren Bereich gehören.
Tarifvertrag Einzelhandel: Die Arbeitgeber über das Thema Tarifflucht von Einzelhändlern
Der Handelsverband Deutschland (HDE) ist der Verband der Einzelhändler und streitet ab, dass viele Einzelhändler Tarifflucht betreiben. Außerdem betonen die Verbandsvertreter, dass Mitarbeiter auch ohne Bindung an den Tarif einen guten Lohn erhalten und sich die Händler ohnehin in der Regel an die im Tarifvertrag Einzelhandel verabredeten Löhne halten und diese ihren Mitarbeitern weitergeben.
Informationen zum hiesigen Einzelhandel:
Dabei handelt es sich um weit mehr als den „Tante Emma“-Laden. Der Einzelhandel in Deutschland hat gewaltige Dimensionen. Die im HDE zusammengeschlossenen 400.000 selbstständigen Unternehmen haben ungefähr 2,5 bis 3 Millionen Beschäftigte und machen einen Jahresumsatz von etwa 420 Milliarden Euro.
- Der Einzelhandel ist eine Schnittstelle zwischen Hersteller, Großhandel und Verbraucher
- Er ist in verschiedene Branchen geteilt: vom Discounter über Bekleidung bis zum Elektromarkt
- Möglich ist ein Vollsortiment oder das spezialisierte Fachgeschäft
- es gibt Mono-Label-Stores, die nur Artikel eines Herstellers verkaufen
- große Warenhäuser wie das KaDeWe in Berlin gelten als Universalanbieter
- Der Einzelhandel kann stationär (in einem Geschäft), ambulant (zum Beispiel der Wochenmarkt) oder im Versandhandel stattfinden
- Der gigantische Wachstumsmarkt E-Commerce ist Teil des Versandhandels
Tarifvertrag Einzelhandel: Ist das Internet mit seinen Onlineshops eine Gefahr für den Einzelhandel?
E-Commerce boomt wie kaum eine zweite Branche im Einzelhandel. Wie stark ist der Händler aus der Nachbarschaft gefährdet?
Eine aktuelle Studie „Der deutsche Einzelhandel 2017“ gibt Antworten auf die Frage. Forscher von ibi research und der Universität Regensburg führten die Erhebung durch.
Wichtige Ergebnisse: Der Einzelhandel in Deutschland muss sein Geschäftsmodell überprüfen. Noch in heutigen Zeiten verkaufen 54 Prozent der Händler ausschließlich im eigenen Laden ihre Produkte. Von diesen Offline-Händlern planen gerade einmal 37 Prozent in den nächsten Jahren auch im Web zu verkaufen. Die große Mehrheit hat dies weiterhin offenbar nicht vor.
Konkurrenz durch Online-Shops nimmt zu
Der Konkurrenzdruck für diese Einzelhändler nimmt zu. Denn sogar 14 Prozent der ausschließlich online tätigen Händler wollen bald auch Ladengeschäfte zum Beispiel in Einkaufszentren eröffnen. Kein Wunder, dass 24 Prozent der stationären Händler Umsatzrückgänge erwarten, während ihre Online-Kollegen dies nur zu 4 Prozent tun.
Tarifvertrag Einzelhandel: Stärken beider Vertriebsarten online wie offline nutzen
Was sollten Einzelhändler tun, um die Web-Konkurrenz möglichst klein zu halten? Eine Chance besteht in der Verschmelzung von Offline und Online-Aktivitäten. Die Händler hätten die Möglichkeit, die Stärken beider Vertriebssysteme zu nutzen und doppelt zu profitieren. Zum Beispiel mit Services einer Online-Registrierung und der Abholung von Produkten vor Ort.
Viele Kunden möchten gar nicht ausschließlich zuhause vor dem Computer sitzen und bestellen. Sie buchen gerne im Internet und holen die Waren im Geschäft ab. Vorher oder nachher bummeln sie durch die Innenstadt und genießen das Vergnügen, auch einmal offline viele Geschäfte zu besuchen oder Cafés und Restaurants im Anschluss zu besuchen.
Wichtige Maßnahmen von Offline-Händlern wären aber auch funktionsfähige Onlineshop-Systeme. Hier hapert es an moderner digitaler Infrastruktur. Auch ein kostenloses WLAN könnte neue Kunden anlocken, die sich dann „offline“ im Geschäft für Produkte interessieren und unter Umständen diese erwerben.
Tarifvertrag Einzelhandel: Ist die Nachfolge geklärt, investieren mehr Einzelhändler
Interessantes Detail: Ist die Zukunft, also die Nachfolge eines Ladengeschäfts geregelt, wollen viel mehr Händler (nämlich 81 Prozent) in eine solche digitale Nachrüstung und damit in die Generierung neuer Kunden, investieren. Eine Gefahr sehen diese Händler übrigens in der Marktmacht globaler Akteure wie Amazon oder ebay. 40 Prozent sehen darin eine Bedrohung für ihr eigenes Geschäft. Sogar 70 Prozent bemerken den großen Einfluss dieser weltweit aktiven Marktplätze.
Start-Ups werden nicht als große Gefahr wahrgenommen
Auch bemerkenswert: Start-Ups, die in der Regel online aktiv sind und oft innovative Angebote machen, sind für die meisten Einzelhändler keine große Gefahr. Nur jeder vierte von ihnen hat Sorge, durch die neuartigen Vertriebsmodelle Kunden zu verlieren oder in seiner Existenz bedroht zu sein. Der Grund liegt wohl darin, dass die meisten Start-Ups gerade am Anfang noch wenig etabliert sind und selbst Probleme haben, genug zahlende Kunden zu gewinnen.
Tarifvertrag Einzelhandel: Stationärer Handel bleibt auch in Zukunft wichtig
In der Studie geben 64 Prozent der Händler an, dass das Verkaufen direkt vor Ort das wichtigste Geschäftsmodell bleiben wird. Das sinnliche Vergnügen beim Einkaufen ist manchmal eben konkurrenzlos zum bequemen aber nüchternen Shopping mit Computer, Smartphone oder Tablet. Mit 51 Prozent geben das selbst Einzelhändler zu, die nur im Web verkaufen. Was in Zukunft passieren könnte, ist allerdings eine Verkleinerung der Verkaufsfläche in den Innenstädten oder Shoppingcentern.
Ist die Digitalisierung sogar eine Chance für stationär verkaufende Händler? Da sind die Antworten differenziert. 31 Prozent aller Händler sehen eher mehr Möglichkeiten für sich, bei den reinen Online-Händlern sind es wenig überraschend mit 74 Prozent deutlich mehr. Ungefähr 3/4 aller Händler erwartet auch in den nächsten Jahren eine Ausweitung der Aktivitäten im Internet.
So gelingt es Einzelhändlern in den nächsten Jahren am Markt zu bleiben
Das Fazit: Wenn das Angebot stimmt und stationäre Händler sich mehr auf Online-Vertrieb konzentrieren, ohne ihr Ladengeschäft zu vernachlässigen, ist deren Existenz in der Regel nicht bedroht. Die Besitzer von Ladenflächen sollten noch mehr Mut aufbringen und sich noch stärker im Internet ihre Waren anbieten.
Einzelhändler, die nur Mieter ihres Geschäftes sind, können wohl eher durch steigende Mieten gefährdet werden als durch die Konkurrenz aus dem Web. Aber es ist eine Binsenweisheit, dass das Internet und Online-Verkäufe in den nächsten Jahren wohl noch bedeutender werden. Und darauf muss jeder Einzelhändler Antworten finden. Egal, ob er auch offline oder nur online seine Waren verkauft. Egal, ob er den Tarifvertrag im Einzelhandel bei seinen Mitarbeitern berücksichtigt oder nicht.
Tarifvertrag Einzelhandel: Sind Start-Ups wirklich keine Gefahr für Händler vor Ort?
Wie schon in der Studie erwähnt, werden Start-Ups von den Einzelhändlern im Moment noch nicht sehr ernst genommen. Da sich viele dieser Ideen erst etablieren müssen, kann man diese Sorglosigkeit zum Teil verstehen.
Es hängt aber immer auch davon ab, mit welcher Finanzkraft ein Start-Up ausgestattet ist und an den Start geht. Je mehr potentielle Kunden via Internet und genauer Maßnahmen des Online-Marketings wie Werbeanzeigen erreicht werden, umso gefährlicher kann dies für Einzelhändler vor Ort sein.
Vor allem, wenn der Offline-Händler ähnliche oder gleiche Produkte an den Mann bringt. Und wenn erst einmal nur noch „digital natives“ in der Bevölkerung leben, also Menschen, die praktisch mit dem Internet aufgewachsen sind, könnten wesentliche Aktivitäten fast nur noch online abgewickelt werden. Jeder Einzelhändler sollte sich dessen bewusst sein und auch aufstrebende Jungunternehmer mit einem Start-Up ernst nehmen.
Einkaufen im Jahre 2040: Ein Ausblick in die Zukunft
Nur so ist gewährleistet, dass auch im Jahr 2040 und darüber hinaus die Innenstadt und ihre Einkaufszentren belebte Orte für Menschen sind, die sich dem Vergnügen eines Einkaufs hingeben. Aber eine positive Nachricht ist sicher die Tatsache, dass der Einzelhandel digital aufrüstet und zwar vor allem wenn die Nachfolge von Einzelhandelsgeschäften geklärt ist.
Dann sind häufig auch jüngere Einzelhändler am Markt aktiv, die selbst mit dem Internet und seinen zahlreichen Shopping-Möglichkeiten aufgewachsen sind und derartige Angebote viel besser an die potentiellen Kunden verkaufen können.
Start-Up und bequemes Einkaufen im Web hin oder her: Das Vergnügen in der Weihnachtszeit in einer geschmückten Stadt zu bummeln oder am Wochenende in der Freizeit ohne Hektik in den Innenstädten einzukaufen, bleibt wohl auch für künftige Generationen ein Vergnügen. Das Erlebnis geht auch in Zukunft eben nur offline.
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