Die Wechselbereitschaft der Beschäftigten in Deutschland hat ein neues Allzeithoch erreicht. Mehr als ein Viertel (26 Prozent) der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer suchen aktiv oder gelegentlich nach einer neuen Stelle. Weitere 37 Prozent sind interessiert, falls sich eine passende Gelegenheit ergibt. Im Vergleich zu vor zwei Jahren, als mehr als die Hälfte (52 Prozent) der Beschäftigten keinen Jobwechsel in Betracht zog, ist die Wechselbereitschaft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stark gestiegen.
Bezahlung und Führung: Hauptgründe für Jobwechsel bei Beschäftigten
Eine aktuelle Studie zeigt, dass drei von vier Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern (76 Prozent) bereits einmal den Job gewechselt haben. Die Hauptgründe für den Wechsel sind eine unzureichende Bezahlung, die 34 Prozent der Befragten als Motivation angaben, sowie Unzufriedenheit mit dem Führungsverhalten der Vorgesetzten, was bei 29 Prozent der Angestellten zu einer Kündigung führte.
Eine zu hohe Arbeitsbelastung wurde von 18 Prozent der Befragten als Grund für einen Jobwechsel genannt. Dies deutet darauf hin, dass eine ausgewogene Work-Life-Balance und eine angemessene Arbeitsbelastung für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wichtig sind.
Das Verhalten der Vorgesetzten hat eine große Auswirkung auf junge Angestellte im Alter von 21 bis 35 Jahren. Viele von ihnen haben bereits gekündigt, weil sie unzufrieden mit dem Führungsstil ihrer Chefs waren. Bei älteren Arbeitnehmern der Altersgruppe 51 bis 65 Jahren ist dieser Trend weniger stark ausgeprägt, obwohl sie bereits länger im Berufsleben stehen.
Unterschiede in der Bezahlung sind ein entscheidender Faktor für die Wechselbereitschaft der verschiedenen Generationen. Mehr als 40 Prozent der jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben aufgrund zu geringer Bezahlung den Job gewechselt. Bei den mittleren Altersgruppen sind es 37 Prozent und bei den ältesten Arbeitnehmern nur 26 Prozent.
Die vorliegenden Daten basieren auf einer repräsentativen Befragung von 1.555 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Deutschland, die im Rahmen der regelmäßig durchgeführten EY-Jobstudie erhoben wurden.
Das Führungsverhalten hat einen großen Einfluss auf die Zufriedenheit junger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im Gegensatz zu älteren Generationen sind sie eher bereit, ihren Job zu kündigen, wenn sie mit dem Führungsstil und der Unternehmenskultur nicht zufrieden sind. Dies liegt auch daran, dass der Arbeitsmarkt derzeit viele Möglichkeiten für gut ausgebildete Fachkräfte bietet. Junge Menschen, die am Anfang ihrer Karriere stehen oder erst einige Jahre gearbeitet haben, suchen aktiv nach besseren Arbeitsbedingungen.
Nathalie Mielke von EY weist darauf hin, dass die schwache Konjunktur und wirtschaftliche Herausforderungen den Arbeitsmarkt beeinflussen werden. Die aktuellen Arbeitsmarktdaten zeigen, dass Unternehmen bei Neueinstellungen vorsichtiger agieren.
Weniger als ein Drittel der Angestellten fühlt sich eng mit ihrem Unternehmen verbunden
Die Einschätzung der Arbeitsplatzsicherheit der Angestellten verschlechtert sich deutlich. Nur noch 36 Prozent betrachten ihren Job als sehr sicher, der niedrigste Wert seit 2015. Zudem sinkt das Gefühl der Verbundenheit mit dem Arbeitgeber, nur noch 13 Prozent fühlen sich sehr eng verbunden.
Im Jahr 2017 berichteten noch 34 Prozent der Beschäftigten von einer engen Verbundenheit zu ihrem Arbeitgeber. Doch seitdem ist ein Anstieg zu verzeichnen: Aktuell können sich 19 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorstellen, zu einem neuen Arbeitgeber zu wechseln.
Die zunehmende Wechselbereitschaft unter Arbeitnehmern stellt Unternehmen vor die Herausforderung, ihre besten Mitarbeiter zu halten und gleichzeitig neue Fachkräfte für sich zu gewinnen. Hierbei sind Faktoren wie das Führungsverhalten der Vorgesetzten und die angemessene Bezahlung ausschlaggebend.
Die Bezahlung spielt vor allem für junge Angestellte eine entscheidende Rolle, da sie oft noch am Anfang ihrer Karriere stehen und finanzielle Sicherheit suchen. Dennoch sollten auch andere Faktoren wie das Führungsverhalten, die Unternehmenskultur und das Verhältnis zu den Kolleginnen und Kollegen nicht außer Acht gelassen werden, da sie die Arbeitszufriedenheit und das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter maßgeblich beeinflussen können.
Die demografische Entwicklung und der technologische Wandel werden den deutschen Arbeitsmarkt in den nächsten Jahren stark beeinflussen. Mit dem bevorstehenden Ruhestand der Babyboomer-Generation werden zahlreiche Arbeitsplätze frei, die schwer zu besetzen sein werden. Gleichzeitig bieten neue Technologien wie Künstliche Intelligenz Chancen, um Arbeitsprozesse effizienter zu gestalten und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Die zunehmenden Veränderungen in der Arbeitswelt stellen sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer vor neue Herausforderungen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen und Ängste abzubauen, sind Fortbildungen, Qualifizierungsprogramme und eine offene Kommunikation unerlässlich. Darüber hinaus gewinnen flexible Arbeitszeitmodelle an Bedeutung, da sie den Bedürfnissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entgegenkommen und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ermöglichen.
Bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern stehen flexible Arbeitszeitmodelle wie die Vier-Tage-Woche, Teilzeitmöglichkeiten und Gleitarbeitszeit hoch im Kurs. Laut einer Umfrage sind 63 Prozent der Befragten der Meinung, dass Arbeitgeber diese Modelle als Benefit anbieten sollten. Im Gegensatz dazu verlieren Leistungen wie Firmenwagen oder kostenfreie Snacks im Büro an Attraktivität und werden nur noch von einem geringen Anteil der Befragten gewünscht.
Die hohe Wechselbereitschaft junger Angestellter stellt Unternehmen vor große Herausforderungen in Bezug auf ihre Führungskompetenz und Vergütungsstruktur. Um Talente langfristig zu binden und neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen, sollten Unternehmen nicht nur auf finanzielle Anreize setzen, sondern auch eine positive Unternehmenskultur und ein gutes Arbeitsumfeld schaffen. Darüber hinaus werden der demografische Wandel und die technologische Entwicklung den Arbeitsmarkt prägen, weshalb Fortbildungen, Qualifizierungsprogramme und flexible Arbeitszeitmodelle immer bedeutsamer werden, um Vertrauen und Bindung der Angestellten an den Arbeitgeber zu stärken.