Das tägliche Arbeitsleben kann oft belastend sein. Mal ist es der Kollege, manchmal sogar der Chef, der für schlechte Stimmung und Störungen des Arbeitsklimas sorgt. Fakt ist, dass Anerkennung und Lob dafür sorgen, dass Mitarbeiter ihre Arbeit in einem positiven Licht sehen. Und das wirkt sich auch auf die Firmenbilanzen aus, wie Chefs eigentlich wissen sollten.
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Cholerische Chefs, die weder Lob noch Anerkennung schenken, sabotieren ihr eigenes Unternehmen.
Glückliche Mitarbeiter sind produktive Mitarbeiter, so dass Chefs prinzipiell daran interessiert sein müssten, für Zufriedenheit in der Belegschaft zu sorgen. Die Studie Happiness und Productivity von der Universität of Warwick (UK) und der IZA Bonn beziffert diesen Zusammenhang sogar. Sie belegt, dass zufriedene Mitarbeiter bis zu 12% produktiver arbeiten.
Hingegen können fehlende Anerkennung oder sogar Geringschätzung der Arbeitsleistung genau das Gegenteil bewirken. Die Produktivität sinkt, die Motivation sowie das Engagement bewegen sich um die Null-Linie. Schnell ist die innere Kündigung ausgesprochen und der tägliche Gang zur Arbeit wird zur Belastungsprobe. Betroffene können vorher die Notbremse ziehen und sich bemühen, die Situation aus eigener Kraft zu entschärfen.
Die richtigen Fragen stellen
Um herauszufinden, ob tatsächlich zu wenig Anerkennung ausgesprochen wird, sollten Betroffene sich gezielt Fragen stellen. Diese bringen ein wenig Erhellung, denn sie beleuchten genau die Punkte, die in engem Zusammenhang mit verdiente Anerkennung stehen.
Wer sich mit den folgenden Fragen auseinandersetzt, justiert sich selbst neu ein und er wird in die Lage versetzt, die Wichtigkeit des ausbleibenden Lobs gesund einzuordnen. Denn in vielen Fällen liegt es am eigenen Ego, das für Unmut sorgt.
Fakt ist, dass man andere nicht ändern kann, sondern nur sich selbst. Deswegen ist die Strategie der Selbstreflektion die erfolgreichste im Umgang mit negativen Gefühlen, die sich aufgrund ausbleibender Wertschätzung ergeben. Sich selber ins Gesamtbild der Firma einzuordnen, statt sich über die Kollegen zu stellen hilft dabei, ein wenig Abstand vom Ärger und Frust zu bekommen.
Gibt es Kollegen, die ebenfalls keine Anerkennung bekommen?
Es ist möglich, dass Betroffene nicht die einzigen sind, die in der Firma keine Wertschätzung erfahren. Es gibt Führungskräfte und Chefs, die wissen einfach nicht, wie ein ordentliches Lob ausgesprochen wird. Es ist hilfreich, die Kollegen zu beobachten und herauszufinden, ob diese für ihre Arbeit ebenfalls nicht wertgeschätzt werden.
Vorsicht: Man sollte vermeiden, sich mit den Kollegen zusammenzuschließen und gegen den Chef zu wettern. Das ist kontraproduktiv. Vielmehr geht es darum, die eigene Situation richtig einzuschätzen. Wenn kein anderer Kollege Lob erhält, liegt das ausbleibende Lob nicht an der eigenen Arbeit oder gar an der eigenen Person, sondern an einem schlechten Chef. Das relativiert die Situation und nimmt die Schärfe heraus.
Sind die eigenen Erwartungen angemessen?
Ob die Erwartungen angemessen sind, lässt sich ebenfalls in der Kommunikation mit Kollegen am besten einschätzen. Betroffene sollten einen vertrauenswürdigen Kollegen hinzuziehen und die Situation besprechen. In diesem Gespräch sollte Thema sein, was Wertschätzung eigentlich bedeutet denn nicht für jeden bedeutet es dasselbe.
- Manche Kollegen fühlen sich wertgeschätzt, wenn sie eine Gehaltserhöhung bekommen.
- Andere fühlen sich wertgeschätzt, wenn sie in Gegenwart des Kollegiums ausdrücklich gelobt werden.
- Wieder andere erkennen in der Übertragung verantwortungsvoller Aufgaben eine Wertschätzung.
Es kommt also darauf an, wie jeder einzelne die Situation betrachtet, was Wertschätzung konkret bedeutet. Die Frage, die dabei im Raum steht ist, in welcher Form Anerkennung für eine Leistung angemessen ist. Es wäre unrealistisch zu erwarten, dass der Chef alle paar Monate eine Gehaltserhöhung gibt oder jedes Mal eine Mitarbeiterbesprechung einberuft, wenn ein Lob fällig wäre. In einem solchen Fall sollten Betroffene ihre Erwartungen auf ein gesundes Maß herunterschrauben.
Praxistest Weiterbildung: Unterstützt der Chef die Fortentwicklung beruflicher Skills?
Wenn ein Chef sich um die Aus-und Weiterbildung seiner Belegschaft wenig schert, ist das kein gutes Zeichen. Es ist wichtig, grundsätzlich up-to-date zu bleiben und sich beruflich ständig weiterzubilden.
Eine gute Möglichkeit, den eigenen Wert im Unternehmen zu steigern und damit vorausschauend für ein ausreichendes Maß an Anerkennung und Wertschätzung zu sorgen, sind gezielte Weiterbildungen, die für den Chef eine Entlastung und für den Betrieb eine Bereicherung darstellen. Allerdings sollten Mitarbeiter darauf achten, dass sie sich nicht in eine Richtung bewegen, die Ihnen nicht liegt. Stattdessen ist es wichtig, dass Fort- und Weiterbildungen den eigenen Interessen und Fähigkeiten sowie den eigenen beruflichen Zielen entsprechen.
Wer das Gefühl hat, zu wenig Anerkennung zu erhalten, hat vielleicht aus Sicht des Chefs keinen ausreichenden „Wert“ für die Firma. Wenn dem so ist, ist offensives Verhalten der Schlüssel, der die Tür zu neuen Perspektiven aufschließt. Ein Tipp, der gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlägt ist, sich die perfekte Weiterbildung zu suchen, zu der der Chef eigentlich nicht „Nein“ sagen kann.
Wer beispielsweise für die Aus- und Weiterbildung im Betrieb zuständig ist, könnte sich gezielt zu diesem Thema fortbilden. In größeren Firmen könnten Seminare aus den Bereichen Personal & Führung eine passende Wahl sein. In diesem Zusammenhang lernen Betroffene übrigens selbst dazu, was Lob und Anerkennung von Mitarbeitern betrifft.
Und falls es später trotz Eigeninitiative, zeitlichem Engagement und deutlich gezeigtem Betriebsinteresse dennoch dabei bleibt, dass der Chef die Arbeit nicht anerkennt, dann findet sich mit dem verbesserten beruflichen Portfolio leichter eine neue Anstellung.
Kennt der Chef das Bedürfnis nach Anerkennung?
Bevor man die Flinte ins Korn wirft und eine neue Stelle sucht, sollte man sich fragen, ob der eigene Chef überhaupt weiß, dass die Anerkennung fehlt. Wer den Vorgesetzten allerdings erst mit der Nase darauf stoßen muss, hat keine angenehme Aufgabe vor sich. Eine schlechte Idee ist es, die angestaute Wut über die ausbleibende Anerkennung spontan zu äußern, wenn sich irgendein X-beliebiger Anlass bietet.
Hier sollten Mitarbeiter mit Augenmaß vorgehen
- Termin vereinbaren
Das Timing ist wichtig. Ein Gespräch über fehlende Anerkennung sollte nicht zwischen Tür und Angel stattfinden, sondern in einem geschützten Rahmen hinter verschlossenen Türen. Der Termin sollte so gelegt sein, dass kein Zeitdruck besteht. - Direktheit führt zum Ziel
Im Gespräch sollten Betroffene vorsichtig formulieren, aber mit der Wahrheit nicht hinterm Berg halten. Der beste Weg ist der direkte. Einfach sagen, was das Problem ist, ist die beste Strategie, statt umständlich auszuschweifen. Wichtig: Der Chef sollte nicht an den Pranger gestellt und andere Kollegen sollten nicht mit hineingezogen werden. Objektivität ist das A und O. - Erfolge darstellen und Reaktionen darauf nennen
Das Gespräch ist keine Therapiesitzung. Es geht nicht darum, dem Chef seine Seele zu offenbaren, sondern zu erläutern, wann welche Erfolge erreicht wurden und welches Feedback darauf zurückkam. Anhand konkreter Beispiele erkennt der Chef leichter, woran es mangelt. - Verbesserungsvorschläge anbringen
Zum guten Schluss ist es zielführend, dem Chef Handlungsvorschläge zu machen, damit er weiß, wie er motivieren kann. Diese Vorschläge sollten situationsgerecht sein und nicht übers Ziel hinausschießen. Ein aufrichtig gemeinter Satz wie: „Herr Meyer, das haben sie gut gemacht, ich bin mit ihrer Arbeit zufrieden,“ ist jedoch das mindeste, was einem Chef über die Lippen kommen sollte
Ein übersichtlicher Leitfaden zur Führung von Konfliktgesprächen bietet der Leitfaden „Das Modell des kooperativen Konfliktgesprächs Kurzdarstellung“ der Universität St. Gallen.
Ungeduld ist kein guter Ratgeber: Wie lange liegt der vermeintlich nicht anerkannte Erfolg zurück?
Betroffene sollten Sie sich fragen, wie lange das lobenswerte Ereignis eigentlich zurückliegt. Geduld ist eine wichtige Fähigkeit. Unüberlegte Reaktionen aufgrund fehlender Anerkennung sind selten gut. Auch sind drastische Maßnahmen und Handlungen, die aus Sicht der Vorgesetzten und Kollegen quasi ohne Grund auftauchen, eher dazu geeignet, einen unzufriedenen Mitarbeiter ins Abseits zu befördern.
Besser ist trotz Frustrationsgefühlen aufmerksam bei der Arbeit zu bleiben und die Leistungen der Kollegen und Vorgesetzten ebenfalls anzuerkennen. Dabei ist diese Anerkennung durchaus wörtlich zu nehmen. Wer seinen Chef lobt hat gute Chancen, dass dieser ihn zurück lobt.
Fazit: Fehlende Anerkennung ist unangenehm, aber eine Frage der Perspektive
Wer wirklich unter zu geringer Wertschätzung leidet und sich absolut nicht damit arrangieren kann, der muss vielleicht wirklich auf die Suche nach einem anderen Arbeitsplatz gehen. Doch in vielen Fällen entpuppt sich mangelnde Wertschätzung als persönliches Problem, weil die eigenen Erwartungen unangemessen hoch sind.
Der beste Weg ist, die Situation möglichst sachlich einzuordnen und sich zu fragen, was man an sich selber ändern kann, um negative Gefühle zu vermeiden. Manchmal reicht es schon, sich mit Kollegen auszutauschen oder dem Chef einen Flyer für ein Weiterbildungsseminar „Lob und Anerkennung für Mitarbeiter“ mit einem Augenzwinkern auf den Tisch zu legen.
So mancher Chef ist auch dankbar für ein offenes Gespräch, das ihm dabei hilft, sich zu einem besseren Arbeitgeber zu entwickeln.
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