Die mittelständische Industrie in Deutschland steht vor großen Herausforderungen, darunter hohe Energiekosten, übermäßige Bürokratie, marode Infrastruktur und Fachkräftemangel. Das Unternehmen ZINQ aus Gelsenkirchen, das sich auf den Korrosionsschutz von Stahl durch Zink spezialisiert, ist direkt von diesen Problemen betroffen. In einem Interview mit dem geschäftsführenden Gesellschafter Lars Baumgürtel werden notwendige wirtschaftspolitische Weichenstellungen, eine stabile Energieversorgung, eine wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft und die Bedeutung von Innovationen für die Zukunft der deutschen Industrie ausführlich erörtert.
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Aktive Beteiligung der Wirtschaft für eine nachhaltige Zukunft

Zwischen den Tauchvorgängen (Foto: Beushausen. ZINQ)
Lars Baumgürtel betont die zentrale Bedeutung der Wirtschaft als Motor unserer Gesellschaft. Er erkennt jedoch auch die aktuellen Herausforderungen und fordert eine aktive Einbindung der Wirtschaft in die Debatte. Gemeinsam mit der Politik und unseren europäischen Partnern sollten wir eine zukunftsfähige Wirtschaftsstrategie entwickeln. Insbesondere der Mittelstand spielt dabei eine Schlüsselrolle, da er für Innovation und Wertschöpfung steht. Durch eine enge Zusammenarbeit können wir den notwendigen Wandel erfolgreich gestalten und unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Rahmenbedingungen für unternehmerische Gestaltungskraft und Innovationen nötig
Die deutsche Industrie ist eng miteinander verflochten und besteht aus verschiedenen Sektoren, die alle zur Wertschöpfung beitragen. Eine Fokussierung auf einzelne Branchen würde die Komplexität unserer Industriestruktur nicht angemessen berücksichtigen. Um eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Umstrukturierung unserer Industrie zu erreichen, müssen alle Sektoren gleichermaßen gefördert werden. Die Bundesregierung hat hier die Verantwortung, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Innovationen und Investitionen in allen Sektoren ermöglichen.
Wettbewerbsfähigkeit der Industrie stärken durch Entlastung bei Energiekosten

Lars Baumgürtel, geschäftsführender Gesellschafter der ZINQ Gruppe (Foto: BjörnBild. ZINQ)
Um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie zu sichern, ist es von großer Bedeutung, die Energiekosten zu reduzieren. Dies kann durch die Senkung der Netzentgelte für Strom und den Abbau von wettbewerbsverzerrenden Zusatzbelastungen erreicht werden. Zudem sollte der CO2-Preis für Erdgas eingefroren werden, um Planungssicherheit zu gewährleisten. Diese Maßnahmen sind unerlässlich, um die Energiekosten zu senken und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie zu stärken.
Entscheidungsträger müssen komplexe Zusammenhänge in Industrie verstehen
Eine dringend benötigte Industriestrategie sollte Investitionen und Innovationen fördern und gleichzeitig überflüssige Bürokratie und ineffiziente Regulierung abbauen. Diese Strategie muss auch Lösungen für die Herausforderungen der energieintensiven Industrie bieten, wie die Versorgung mit CO2-neutraler Energie zu wettbewerbsfähigen Kosten und die Sicherung von Rohstoffen durch eine effiziente Kreislaufwirtschaft. Entscheidungsträger sollten die komplexen Zusammenhänge verstehen und den Dialog mit Unternehmern auf Augenhöhe suchen.
Industrielle Transformation: Bundesregierung muss umsteuern und unterstützen
Um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, ist eine Umstellung auf eine klimaneutrale Industrie unerlässlich. Wirtschaftswachstum bildet die Grundlage für die Finanzierung gesellschaftlicher Aufgaben. Um dieses Wachstum zu fördern und zu steigern, müssen mehr Mittel in die Infrastruktur und die Transformation der Wirtschaft investiert werden. Die neu gewählte Bundesregierung steht vor der Herausforderung, diese industrielle Transformation zu unterstützen und voranzutreiben.
Risikokultur und schnelle Umsetzung nötig für erfolgreiche Wirtschaftstransformation

Die Stahlbauteile für LKW-Auflieger glänzen nach dem Auftauchen (Foto: Carsten Paul. ZINQ)
Trotz des intensiven Vorantreibens der Transformation der deutschen Wirtschaft leidet diese unter übermäßiger Bürokratie. Regulierung auf allen Ebenen und zahlreiche Berichtspflichten erschweren eine nachhaltige Wirtschaft. Es ist von großer Bedeutung, praxisorientierte Ansätze zu verfolgen, die verhältnismäßig sind und keine Fehlallokationen fördern. Eine neue Risikokultur sowohl in Unternehmen als auch in Behörden ist erforderlich, um Fehler zu akzeptieren und eine schnelle Umsetzung zu ermöglichen.
Standortplanung für Energieerzeugung: Bedeutung für die Industrie und das Energiesystem
Die deutsche Energieversorgung sieht sich strukturellen Problemen gegenüber. Die schwankende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und die fehlende Synchronisation von Erzeugung und Verbrauch führen zu Stromüberschüssen und -mangel. Dies stellt insbesondere die Industrie vor Herausforderungen, da sie eine zuverlässige Energieversorgung benötigt. Um diesen Problemen zu begegnen, ist eine Energiewende mit Augenmaß und einer realistischen Betrachtung der Kosten und Wirtschaftlichkeit erforderlich. Investitionen in Infrastruktur, intelligentes Lastmanagement und eine optimierte Standortplanung für die Energieerzeugung in Abstimmung mit den Bedürfnissen der Industrie sind notwendig. Die Energieträgerkopplung, insbesondere die verstärkte Nutzung von grünem Wasserstoff, kann dazu beitragen, das Energiesystem stabiler zu machen und die Kosten der volatilen Stromerzeugung zu reduzieren.
Potenzial entfalten: Lange Nutzungsdauer und Rohstoffwiederverwendung
Eine umfassende Industriestrategie sollte die Entwicklung einer zirkulären Wirtschaft fördern, indem sie auf ein zirkuläres Produktdesign und R-Strategien wie Repair, Reuse, Repurpose, Refurbish, Redesign und Replace setzt. Die derzeitige deutsche Kreislaufwirtschaftsstrategie fokussiert sich jedoch hauptsächlich auf quantitative Quoten für Recyclate und setzt weiterhin auf Müllverbrennung und Deponierung. Eine ganzheitliche Kreislaufwirtschaft erfordert eine längere Nutzungsdauer von Produkten und die Wiederverwendung von Rohstoffen am Ende ihres Lebenszyklus.
Energieträgerkopplung als Alternative zu Erdgas in Industrie
Die Energieträgerkopplung ermöglicht den Einsatz von CO2-neutralen Energieträgern in energieintensiven Anwendungen und eröffnet der Industrie neue Möglichkeiten für eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Zukunft. Um ein gerechtes Spielfeld zu schaffen, sollten die externalisierten Kosten von der Politik angemessen berücksichtigt werden. Zusätzlich ist es wichtig, transparente Daten über die Umweltauswirkungen von Produkten zu sammeln, zu bewerten und offenzulegen. Die Energieträgerkopplung bietet eine ökonomische Alternative zum Einsatz von Erdgas und kann dazu beitragen, die volatilen Stromkosten zu senken und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu stärken.
Herausforderungen und Chancen für die deutsche Industrie: Wirtschaftsstrategie, Energiekosten, Bürokratie, Kreislaufwirtschaft, Energieträgerkopplung
Die deutsche Industrie steht vor großen Herausforderungen, aber auch vor Chancen. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, ist eine zukunftsfähige Wirtschaftsstrategie notwendig. Dazu gehören eine Entlastung bei den Energiekosten, eine effiziente Bürokratie, eine wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft und die Nutzung der Energieträgerkopplung. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Politik die richtigen Weichen stellt und die Bedürfnisse des Mittelstands und der Familienunternehmen berücksichtigt, um eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Industrie in Deutschland und Europa zu erhalten und wichtige Arbeitsplätze zu sichern.